Die Zukunft der Arbeit im Rahmen der Digitalisierung vieler Lebensbereiche wird unter dem Begriff „Arbeiten 4.0“ zusammengefasst. Klingt einfach, ist aber praktisch hochkompliziert: Hinter dem Schlagwort „Arbeiten 4.0“ verbergen sich eine Fülle bislang ungeklärter arbeitsrechtlicher Fragen für Arbeitgeber, Führungskräfte und Mitarbeiter, so das Manager Magazin.
Im Artikel zur Arbeit 4.0 wurden von der Telekom und St. Gallen einige Thesen zur Arbeitswelt 4.0 aufgestellt. In diesem Text nehme ich die Top 3 Thesen, welche ich für realistisch halte und die Top 3, von denen ich nicht glaube, dass sie so eintreffen werden. Die Bewertung erfolgt nach meiner eigenen Meinung, den Ergebnissen meiner Forschung und mit Bezug auf die IT-Branche. Zu jeder These präsentiere ich auch einige weiterführende Artikel, soweit möglich.
Lesetipp. Was ist Arbeit 4.0
Aussagen zur Arbeitswelt 4.0, welche wahrscheinlich sind
Die Rolle des Menschen im Produktionsprozess transformiert sich vom Erbringer der Arbeitsleistung in den Überwacher der Maschinen. Routinevorgänge und auch körperlich belastende Tätigkeiten werden von diesen selbstständig abgewickelt. Der Mensch kontrolliert und greift nur im Notfall ein.
Ich finde diese These vor allem für die IT richtig. Viele Skripte und Excelmakros machen bis heute schon einen Großteil unserer Arbeit aus. Auch bei meinem Portal Projektify sind ebenfalls alle möglichen Tätigkeiten automatisiert. Wir folgen hier der These der Decentralized autonomous company. Also einer Firma ohne Menschen. Aktuell liegt der Fokus darauf, alle täglichen Aufgaben zu automatisieren. Auch reden wir mittlerweile von Chatbots und intelligenten Helfern. Ich denke also, dass diese These schon einen hohen Wahrheitsgehalt aufweist.
Mit Big Data liegen für alle Lebensbereiche hinreichend Daten für Daten vor. Die Fähigkeit, diese sinnhaft zu kombinieren und zu interpretieren ist eine Schlüsselqualifikation digitaler Arbeit und nicht substituierbar. Von traditioneller Datenanalyse unterscheidet sich die Arbeit mit Big Data allerdings, da keine Hypothesen mehr benötigt werden („end of theory“).
Wir haben aktuell richtig viele Daten gesammelt, aber wir sind meist gar nicht in der Lage alle auszuwerten oder wir werten diese aus und fragen uns dann: Na und was lernen wir daraus jetzt? Auch zu Beginn meiner Doktorarbeit habe ich 14 Interviews für die Studie Agilität im Management durchgeführt und als ich die Daten ausgewertet habe, fragt ich mich: „Und was sagt mir das jetzt?“ Es wird also schon eine hohe Schlüsselfähigkeit benötigt, um eine große Menge unstrukturierter Daten auszuwerten.
Der Abschied von der räumlich verorteten Arbeit geht mit einem Wandel von der Präsenz- zur Ergebniskultur einher. Führungskräfte müssen lernen, dass sie mehr motivieren als kontrollieren werden. Die Kunst besteht darin, persönliche Bindung auch über unpersönliche technische Kanäle aufzubauen und zu erhalten.
Homeoffice, flexible Schreibtische, mobile Arbeit und sogar verteilte Teams sowie auch komplette Homeoffice Arbeitsplätze fordern von Führungskräften eine neue Art der Führung. Kontrolle ist weniger möglich und muss durch Vertrauen ersetzt werden. Wie führe ich einen Mitarbeiter per Mail und Skype? Wie halte ich den Spagat zwischen Steuerbarkeit und Kontrolle? Ich finde aktuell keine gängige Führungsmethode, welche eine Antwort auf diese Fragen gibt. Speziell im agilen Leadership fehlen die Elemente, weswegen wir mittlerweile von einem digital Leadership sprechen. Ich finde diese These absolut richtig. Lesen Sie dazu mehr im digital Leadership Artikel.
Top 3 Aussagen zur Arbeitswelt 4.0, welche nicht wahrscheinlich sind
Unternehmen greifen für die Erbringung spezifischer Leistungen immer weniger auf die dem Unternehmen fest verbundene Workforce zurück. Globale Transparenz von Skills und Verfügbarkeiten hoch qualifizierter Fachkräfte führen zu einem „hiring on demand“. Das Arbeitsverhältnis wandelt sich zum Arbeitseinsatz.
Als ich im Roundtable das Thema angesprochen habe, wurde es sofort mit Skepsis gesehen und auch ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nur noch aus Externen bestehen werden. Vor allem geht der Trend gerade eher zum In-Sourcing statt Out-Souring. Eine agile Unternehmenskultur kann oft nur auf Basis von Festangestellten passieren. Das haben mir auch meine Teilnehmer im Roundtable bestätigt. Externe haben einfach nicht die enge Bindung zum Unternehmen, die dann sowieso bald wieder weg ist.
Die weiter steigende Bedeutung von IT eröffnet den „Nerds“ den Weg in die obersten Unternehmensetagen. Was früher die musikalischen Wunderkinder waren, sind heute die frühreifen App-Tüftler und Datenexperten. Zum disruptiven Wandel der Unternehmenskulturen wird diese Generation erheblich beitragen. Nicht formale Qualifikationen, sondern ausschließlich technisches Können entscheiden fortan über die Employability.
Führung ist weiterhin eine Königsdisziplin. So hängt die Qualität der Arbeit oft vom Chef ab und jede 2. Kündigung soll sogar wegen eines Chefs sein. Ich würde deswegen behaupten, dass es Empathie und die agilen Werte sind, die für eine Führungsrolle jeden Tag wichtiger werden. Lesen Sie dazu auch mehr im Artikel zur Führung im digitalen Wandel.
Der Arbeitsort von Menschen in flexiblen Arbeitsverhältnissen breitet sich auf den öffentlichen Raum aus. Physische Büros sind temporäre Ankerpunkte für menschliche Interaktion, die vor allem den Netzwerken dienen. Gearbeitet wird überall – nur nicht am eigenen Schreibtisch.
Klar. Alles wird mobil, flexibel und automatisch aber als ich erste Umfragen gemacht habe, zeigt sich hingegen, dass eigentlich jeder schon gerne an seinen Arbeitsplatz geht. Ich habe dazu auch extra die Generation Z befragt und kam zu ähnlichen Ergebnissen. Auch im Roundtable zeigte sich, dass der Mensch trotzdem ein Gewohnheitstier ist und seinen festen Arbeitsplatz wünscht. So saßen z.B. trotz einer freien Sitzplatzwahl alle wieder am gleichen Platz zusammen im Team. Es gibt also aktuell kaum ein Argument warum das klassische Büro aussterben sollte und keiner mehr dort hin geht. Auch klingt für mich Büro als Ankerpunkt für Interaktionen eher so: Wir gehen halt zum quatschen und um das Bayern Spiel von gestern auszuwerten mal heute wieder ins Büro. Lesen Sie dazu gerne mehr im Artikel zum Roundtable zur Arbeit 4.0.
Fazit: Es wird viel spekuliert!
Die Arbeitswelt 4.0 kommt und wir warten gespannt auf die Neuerungen. Der Arbeitsplatz digitalisiert sich und alles wird irgendwie agil und mobil. Wir können aktuell nur spekulieren, was diese Änderungen mit sich bringen. In meinen Artikel zu Digitalisierung am Arbeitsplatz habe ich schon Chancen und Risiken aufgezeigt. Einiges wie eine flexiblere Arbeit und mehr Automatisierung zeichnen sich deutlich ab und sind als Thesen nachvollziehbar. Aber anderseits, für Thesen wie: „Der Mensch wird irgendwann mal eine Drohnenarmee befehligen“, finde ich aktuell keine gültigen Argumente. Auch Sätze wie: „Alles wird total flexibel und alle bringen sich ins Unternehmen ein“, werden, denke ich, kaum eintreffen, Nicht jeder Arbeiter sucht in der Arbeit die totale Selbsterfüllung. So wird es weiterhin Lohnarbeit geben und auch ein motivierter Mitarbeiter hat mal einen schlechten Tag oder hat am Abend zuvor etwas zu Tief ins Glas geschaut und möchte einfach nur seine Ruhe. Deswegen können wir aktuell nur spekulieren, was von der Arbeitswelt 4.0 nun wirklich umgesetzt wird und was nicht. Ich würde z.B. nicht wollen, dass die Rezeption eines Hotels digitalisiert wird. Ich freue mich dort von einem Mitarbeiter empfangen zu werden und auch im Fitnessstudio lachend von meinem Trainer mit einem Handshake begrüßt zu werden. Wir müssen einfach noch genauer verstehen: Was erwarten wir von der Arbeitswelt 4.0?
Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.
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