Ich nehme im Rahmen des Blogs oft an Experteninterviews teil und helfe damit Studenten und anderen Forschern. Dabei werde ich oft nach meiner Einschätzung zu folgender Frage gefragt:
- Wie agil / digital werden Unternehmen?
Dabei zielt die Frage oft auf 5 oder auch gerne 15 Jahre ab. Andererseits wird mir die Frage auch in anderer Form gestellt:
- Werden nur agile Unternehmen überleben?
- Müssen alle Unternehmen agil werden?
Weiterhin hat mich die Blogparade von Andre Häusling mit der Frage: „Ist Agilität Auslauf- oder Zukunftsmodell?“ und den Hashtag AgileDeadOrAlive zu diesem Artikel animiert.
Ich möchte deswegen einen Blogartikel mit meiner Einschätzung schreiben. Dazu hole ich etwas weiter aus und gebe eine konkrete Antwort. Dies ist allerdings nur meine persönliche Meinung.
2 Thesen zur Agilität und Digitalisierung von Unternehmen
In meiner Promotion habe ich einen Roundtable durchgeführt. In diesem waren 12 Vorstände aus Mittelstand und Konzernen versammelt. Dabei haben wir uns auf zwei Thesen einigen können:
- Nicht jeder Bereich im Unternehmen braucht Agilität/Digitalisierung
- Nicht alle Mitarbeiter wollen agil/digital arbeiten
Dies bedeutet also, dass einerseits Fachkräfte nicht unbedingt immer diese Art der Arbeit bevorzugen und nicht jeder Bereich darauf angewiesen ist. Zu These 1 sagt der Vorstand des Rechenzentrums im Roundtable: „Wir haben hochkreative Bereiche, wo sich die Zusammenarbeit jeden Tag ständig neu erfinden muss, wenn neue Anforderungen reinkommen. Aber auf der anderen Seite das klassische Rechenzentrum, wo es wirklich drum geht: Einer muss irgendwelche Elektrik machen, das ist repetitiv.“
Auch ergänzt die Managerin des Pharmaunternehmens zu These 2, dass nicht jeder Mitarbeiter agil arbeiten möchte: „Und die wollen überhaupt gar nicht inspiriert geführt werden und sich selbst organisieren und so weiter. Sondern […]: Ich mache meinen Job! Sagʼ mir, was ich tun soll! Und dann gehe ich nach Hause!“ Tipp: Fragen Sie mich gerne nach meiner Studie dazu: Lindner und Leyh (2018).
Natürlich sollten wir in jedem Fall Mitarbeiter in agilen Methoden und der Nutzung von Technologie coachen, allerdings finden sich trotzdem Mitarbeiter, welche Agilität einfach nicht wollen. Sollten Sie zu viel Druck ausüben, werden diese einfach kündigen. Auf der anderen Seite werden Sie weiterhin genug Bereiche haben, welche ohne einen hohen Grad der Agilität oder Digitalisierung super funktionieren.
Es gilt also in jedem Bereich den Grad der notwendigen Agilität/Digitalisierung festzulegen und auch nur jene Mitarbeiter dort arbeiten zu lassen, welche dies auch wollen.
Prognose: Hybridform zwischen agil und klassisch
Natürlich wird die Frage nach Agilität und Digitalisierung immer wichtiger. Allerdings gilt es konkret festzulegen: Wie wichtig wird diese für jedem Bereich? Unternehmen sind oft schon seit vielen Jahren erfolgreich im Markt und für eine Fortsetzung des Erfolgs sind oft nur wenige Stellschrauben notwendig.
Es muss also die Balance zwischen Tradition und Wandel gefunden werden. Dies glauben auch meine Teilnehmer im Roundtable: „Und das Problem [sind] klare Prozesse, Security-Prozesse, die sehr statisch sein sollen und auf der anderen Seite flexible Cloud-Technologien, welche sich täglich ändern“ (Vorstand des IT-Rechenzentrums). Auch der Vorstand des Consultingunternehmens sieht dies ähnlich: „Weil wir halt dreißig Jahre im Unternehmen sind, [heißt es:] Ich habe es schon immer so gemacht. Und auf der anderen Seite haben wir Sachen, die extrem neu sind. Und die richtige Balance zu finden, ist durchaus eine spannende Sache.“
Praxistipp: A,B und C Mitarbeiter und Bereiche
Ein kleiner Impuls kommt von Steve Jobs. Die Mitarbeiter von Apple teilte er dabei in A-, B- und C-Mitarbeiter ein. Dabei können Sie die Bereiche und Mitarbeiter ebenfalls in A,B und C einteilen. Ich möchte dies am Beispiel von Mitarbeitern und der notwendigen Agilität darstellen. Dabei sind diese wie folgt definiert:
- A-Mitarbeiter: Nehmen Verantwortung auf sich und sorgen dafür, dass das Unternehmen funktioniert. Sie entwickeln Ideen und Strategien, streben nach mehr und garantieren letztendlich den Erfolg der Firma (Quelle: Mindsetmagazin)
- B-Mitarbeiter: Diese Mitarbeiter fallen weder positiv noch negativ auf. Sie wissen genau, was Ihre Aufgabe ist und erledigen diese auch. B-Mitarbeiter sind oft bekannt als „NINE-TO-FIVER“ oder Dienst nach Vorschrift.
- C-Mitarbeiter: Innerlich gekündigt, griesgrämig – auch gegenüber seinen Kollegen, macht seine Arbeit lustlos, Fehler werden jederzeit einkalkuliert, aber nicht vermieden. Oft kennt man diese als Minderleister oder Low-Performer. (Quelle: ABC Personal)
Jedes gesunde Unternehmen hat mindestens 20% (am besten 30%) A-Mitarbeiter, welche das Unternehmen laut Steve Jobs maßgeblich voran bringen. Diese sind wichtig aber auch schwer zu führen. Grund ist, dass A-Mitarbeiter immer wieder spannende Projekte, Feedback und Aktionen brauchen.
Auch sind diese oft schnell gelangweilt von Routine und es gibt leider auch viel Arbeit im Unternehmen, welche auch „einfach gemacht werden muss“. B-Mitarbeiter (Mehrzahl meist 80 – 60%) erledigen oft genau diese Arbeit. Man benötigt wenig Führung und die Qualität der Arbeit ist meist super!
C-Mitarbeiter (10 – 30%) stören laut Steve Jobs den Betrieb und fordern eine hohe Führungsarbeit. Sie werden allerdings speziell im Fachkräftemangel niemals 0% davon besitzen (Ausnahme sind vielleicht Kleinstunternehmen).
Mein Praxistipp: Nun könnte es Sinn machen, dass Sie A-Mitarbeiter bevorzugt mit einigen B-Mitarbeitern in agilen Methoden und hochkreativen Bereichen einsetzen. Alle stabilen Bereiche mit moderater Notwendigkeit von Agilität (z.B. wenig komplexe Kundenaufträge mit langer Vertragslaufzeit) könnten dabei bevorzugt mit B-Mitarbeitern versorgt werden. C-Mitarbeiter sollen Sie dabei eher in stabilen Bereichen platzieren und entsprechend coachen.
Prognose 2019: Mindestens 30% agil und digital
Ich glaube, dass aktuell so gut wie jedes Unternehmen mindestens 30% der Abteilungen oder Teams agil aufgestellt und eine entsprechende digitale Reife vorweisen sollte, ohne Unzufriedenheit oder Umsatzeinbußen zu befürchten. Natürlich gibt es Branchen, welche viel mehr oder weniger Agilität verlangen. Beispielsweise könnten kleine ländliche Betriebe wohl lange ohne agile Methoden auskommen. Allerdings gehe ich bei der Einschätzung vom Durchschnitt aus.
Schaut man allerdings auf die zahlreichen KMU, welche langfristige Lieferverträge und oft gute Kundenbeziehungen haben: Ich glaube, dass dabei oft eine leicht gesteigerte Agilität ausreichend ist. Auch DAX-Konzerne wandeln gerade die IT-Abteilungen auf agile Methoden (sind ca. 30%) um. Dabei sind viele Fachbereiche noch klassisch aufgestellt, was jedoch oft reicht um aktuelle Projekte abzudecken.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Vorteil klassischer Methoden die Stabilität ist. Speziell für die vielen B-Mitarbeiter wird ein stabiler Kern im Unternehmen benötigt. Es gilt deswegen die Balance zwischen stabilen Abteilungen und flexiblen Teams zu finden.
Meine Prognose für das hier und jetzt ist, dass Unternehmen bestimmte dynamische Geschäftsbereiche agiler und digitaler aufgestellt haben sollten um zukunftssicher zu sein. Dies sind ca. 30%.
Prognose 2024: 50-80% agil und digital
Ich glaube, dass in den nächsten 5 Jahren der Wandel weiter fortschreiten wird und Agilität sowie die Digitalisierung weiter Einzug finden. Dabei gilt es nach den hochkritischen, auch Randbereiche weiter flexibel und neu aufzustellen. Anschließend verbleiben einige zentrale Dienste wie z.B. Buchhaltung oder die Reisebuchung sowie klassische Dienstleistungen, welche nicht stark agil oder digital werden müssen.
Fazit und Limitierung
Ich glaube, dass Agilität und auch die Digitalisierung sehr wichtig sind und in dynamischen Kernbereichen des Unternehmens Platz finden sollten. Die Welt wird schneller und dynamischer und Fachkräfte fordern nach agilen Methoden und digitalen Arbeitsmodellen wie Homeoffice und New Work. Allerdings sollte auch die Waagschale zwischen konstruktiver Agilität und Aktionismus gehalten werden.
Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.
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