Fachkräftemangel, Digitale Transformation, Big Data, Generation Y! Es wird komplex und dynamisch in Betrieben und es stehen viele Herausforderungen an, um die Zukunftsfähigkeit von diesen Unternehmen zu sichern. So versuchen Firmen laut vieler Medien „agile Unternehmen“ zu werden oder streben das „digital Leadership“ an. Um dieses Thema genauer zu beleuchten trafen sich am 21. Juli 2016 neun  Manager in Nürnberg um für 5 Stunden um in einem offenen Dialog die Frage zu klären: „Wie gestalten wir unsere Unternehmen zukunftsfähig, agil und evolutionär?“.

Ablauf und Teilnehmer

Der Roundtable war alles andere als eine Informationsveranstaltung. Jeder Teilnehmer hatte die Möglichkeit in einem festgelegten Slot (kurze Präsentation und offener Dialog) seine/ihre Art zu präsentieren, wie er/sie sein Unternehmen agil und evolutionär aufstellt. So war jeder Teilnehmer gefragt aktiv an der Gestaltung teilzunehmen und sein Projekt zu präsentieren. Ich habe in dieser Zeit die Rolle des Moderators und des „Timeboxers“ (Einhaltung der Redezeit) eingenommen. In der folgenden Tabelle finden sich die Teilnehmer des Roundtable und der aktuelle Fokus des Teilnehmer im Kontext von Rahmenwerken für agile Unternehmen und digital Leadership.

digital leadership agile unternehmen

Ergebnisse des Roundtable digital Leadership und agile Unternehmen

Insgesamt haben 4 Teilnehmer die Möglichkeit genutzt um ein aktuelles agiles Leuchtturmprojekt oder ihren Ansatz für digital Leadership vorzustellen. Nach jedem Beitrag wurde der offene Dialog gestartet.

Beitrag 1: Digitale Transformation und Agilität

Der erste Beitrag war die Präsentation eines Forschungsprojekts einer der größten Gewerkschaften in Deutschland. Unternehmen werden zu „digitalen Konzernen“ und die damit geforderte Agilität braucht Richtlinien. Aber auch der Begriff „Qualifikation als Basis für soziale Sicherheit gemeinsam gestalten“ gehörte zur Kernaussage der Studie. Die einzelnen Unterthemen der Studie wurden anschließend im offenen Dialog besprochen.

Warum brauchen wir agile Unternehmen oder digital Leadership?

„Agilität ist ein Verhalten“ und keine Methode stimmen alle Teilnehmer überein. Die Komplexität nimmt durch die digitale Transformation zu und Unternehmen streben ein „digital Leadership“ an. Komplexität kann zu Silodenken führen und Unternehmen müssen Entscheidungen schnell und flexibel treffen um Kunden und Talente zu gewinnen und zu halten.

Agile Mitarbeiter verfügen über ein agiles Mindset und menschliche Reife. Agile Mitarbeiter wollen mit den Unternehmen arbeiten und sich gemeinsam mit diesem entwickeln.

Was sind „agile Qualifikationen“?

Absolventen werden in Magazinen oft als agil und wendig bezeichnet. Die Teilnehmer widersprechen dieser These. Durch das aktuelle System sind Bewerber oft starr und „systemkonform“. „Bewerber pressen sich in eine Stellenanzeige hinein“ heißt es aus dem Teilnehmerkreis.

Ein Bewerber sollte nicht können, was das Unternehmen heute braucht, sondern bereit sein, dass zu lernen was das Unternehmen morgen braucht.

Wie finde ich agile Mitarbeiter (agile HR)?

Recruiting wird laut der Teilnehmer immer mehr zu einer „Bauchentscheidung“ und fokussiert sich auf die zentrale Frage: Kann und will der Bewerber mit mir arbeiten?“ Viele Zertifikate und zu gute Noten sorgen bei den Teilnehmern des Roundtable sogar für „Misstrauen“, denn es könnte sich um einen „Karriereindividualisten“ oder einen „Zertifikatsjäger“ handeln. Am Ende sind jedoch alle Teilnehmer einig: Es reicht nicht nur „agile Mitarbeiter“ einzustellen, um ein „agiles Unternehmen“ zu werden.

Die zentrale Aufgabe von agile HR ist es die Frage zu stellen: Wie können wir miteinander arbeiten?“

Was ist agile Führung und digital Leadership?

„Die richtig guten Mitarbeiter suchen sich ihren Chef selbst aus.“ So der erste Beitrag des Roundtable zu diesem Thema. Die Aufgabe von Führung ist laut der Teilnehmer sich „selbst abzuschaffen“, „Kultur vorzuleben“ und sich „zu kümmern“. Agile Mitarbeiter brauchen mehr Feedback als „normale Mitarbeiter“ so die Teilnehmer.

Teamleiter sind Teil des Teams und müssen sich zum Ziel setzen „sich selbst abzuschaffen“.

Was und wie werden agile Entscheidungen getroffen?

Die Teilnehmer des Roundtable sind sich einig, dass Entscheidungen marktnah getroffen werden müssen und Mitarbeiter oft selbst besser als Manager entscheiden. Die Faustregel der Teilnehmer lautet, wenn ein Mitarbeiter selbst entscheidet, ist die Entscheidung in:

  • 70% der Fälle besser als die der Führungskraft,
  • 20% gleich wie die der Führungskraft und
  • 10% eine falsche Entscheidung.

Beitrag 2: Agiles und digitales Marketing

Jedes Unternehmen möchte mit Marketing den Unterschied machen. Um diesen Unterscheid zu machen, benötigt ein Unternehmen crossfunktionale Marketing Teams (z.B. Marketing-Logistik Teams).

Der Teilnehmer aus der Geschäftsleitung des IT-Logistik-Dienstleisters ist bemüht in seinem Unternehmen eine „agile Geschäftsbeziehung mit den Lieferanten aufzubauen“. So möchte er Ziele und Budget vorgeben und dem Lieferanten das Vertrauen schenken, dass dieser auf seine eigene Art und Weise diese Ziele umsetzt. Die Schwierigkeit sieht der Proband aktuell in der Auffindung eines solchen Lieferanten, welcher in der Lage ist ein solches „crossfunktionales Logistik-IT-Marketing Team“ zu liefern und den Mut hat solche Projekte umzusetzen.

„Marketing ist sehr schnelllebig, das Neue ist nicht neu genug und alles digitalisiert sich. Agilität sollte als Bestandteil der Marke etabliert werden, anstatt „Absicherungsmentalität“ zu schaffen.“

Im offenen Dialog stimmen die Teilnehmer dem Vorträger zu und bemängeln zu viel Absicherungsmentalität. Zielbilder werden extrem wichtig und die Frage „Wofür gehen wir eigentlich ins Rennen?“ wird laut der Teilnehmer zu wenig gestellt. Mit traditionellen Methoden hat es, laut der Teilnehmer, vorher auch nicht funktioniert und ihr Credo ist: „Das Neue ist weniger falsch als das Alte“.

Beitrag 3: Scrum-Prinzipien und agile Transition

Unternehmen beschäftigen sich zu viel mit sich selbst anstatt den Kunden wirkliche Wertschöpfung zu bieten.

Der Vorträger stand, vor 6 Monaten, vor der Situation neuer IT-Leiter eines IT-Dienstleisters mit der Aufgabe einer „agilen Transition“ der 24 Personen starken IT-Abteilung zu werden. Er setzte sich zum Ziel Kundenzufriedenheit, Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen.

Im ersten Schritt habe ich mein Einzelbüro als Meetingraum zur Verfügung gestellt und mich zum Team gesetzt!

Der Vorträger beobachtete das Team die ersten 14 Tage und führte gemeinsam mit diesem einige Scrum-Prinzipien ein. Er selbst lebte die Werte von Scrum mit der Räumung seines Büros und der Änderung seines Titels zu „Scrum Master“ als Vorbild vor. Weiterhin setzt er Dev-Ops Ansätze wie u.a. eine direkte Durchwahl via Telefon für den Kunden zum Entwickler und schnelle Releasezyklen um. Auch Scrum Meetings und weitere Scrum Master wurden aus dem Team gebildet. Im aktuellen Schritt ist der Teilnehmer dabei den Weg für crossfunktionale Teams zu ebnen.

Agilität benötigt einen „Helden“, welcher Agilität vorlebt und eine Führung, welche Agilität zulässt!

Im offenen Dialog wurde zuerst über Prozesse diskutiert. Prozesse sind nicht grundlegend schlecht und einige Kernprozesse sind in jedem Unternehmen nötig. Jedoch waren sich die Teilnehmer einig, dass Leitplanken definiert werden müssen. Die Leitplanken sollten sobald ein Mitarbeiter an diese „aneckt“ hinterfragt werden. Alle Teilnehmer lobten außerdem die hohe menschliche Reife des Vorträgers. Als IT-Leiter das Einzelbüro zu räumen erscheint nicht einfach. Auch die Erfahrungen der anderen Teilnehmer zeigt, dass Agilität anscheinend immer einen „Helden“ benötigt, welcher als Vorbild agiert.

Beitrag 4: Selbstorganisation und Holacracy

„Agilität ist keine Methode. Ein Mensch kann ohne Methoden ebenfalls agil sein.“

Zum Abschluss des Roundtable präsentiert ein Teilnehmer seine Methode, wie er/sie sein Unternehmen aktuell neu strukturiert. Aufgrund des Fachkräftemangels und der immer höheren Kundenerwartungen hat sich das Unternehmen verpflichtet als attraktiver Arbeitgeber, schnell und individuell auf Kundenwünsche zu reagieren. So hat der Teilnehmer die 3 Business Units des IT-Dienstleisters reorganisiert.

  • Holacracy für die Sparte Consulting
  • Scrum für die Sparte hauseigene Software
  • Klassische Organisation für die Sparte Softwarelösungen

Die Querschnittsdisziplinen wie z.B. Marketing wurden in jeden Bereich mit der Rolle „Marketing“ besetzt. Die Wertung des Vorträgers ist:

Scrum ist langsam, Holacracy ist träge und die klassische Business Unit ist nicht zwangsweise „unagil“.

Im offenen Dialog haben die Teilnehmer ihre Erfahrungen mit diesen Modellen ausgetauscht und festgestellt, dass jeder Mensch und jede Organisationsform agil sein kann. Laut der Teilnehmer ist jeder Einzelne gefragt mitzugestalten, denn kein Rahmenwerk kann dies bewirken. Auch möchten einige Mitarbeiter nicht so „hyperagil“ sein und ständig alles selbst entscheiden. Zum Thema digital Leadership sind sich die Teilnehmer einig: „Ein Manager sollte jeden Tag versuchen, sich selbst abzuschaffen.“

Zusammenfassung und Feedback

Im ersten Schritt möchte ich allen Teilnehmern für die teilweise sehr weite Anreise und die geopferte Zeit danken, welche sie sich für das Forschungsprojekt genommen haben. Alle Beiträge waren sehr gut vorbereitet und jeder Teilnehmer hat sein Feedback konstruktiv und offen kommuniziert. Aus allen 4 Beiträgen konnten wir lernen, dass sich Unternehmen in einem Wandel befinden. Dieser Wandel wird von jedem Unternehmen auf seine eigene Art und Weise interpretiert und umgesetzt. Wichtig ist jedoch, dass Rahmenwerke um agile Unternehmen und digital Leadership nicht die passende Antwort liefern, sondern menschliche Reife und gesunder Menschenverstand gefragt ist um wirklich agil zu werden.

Nehmen Sie am nächsten Roundtable teil!

Erfahren Sie auch wie andere Unternehmen der digitalen Transformation oder den Fachkräftemangel begegnen! Sie interessieren sich auch für digital Leadership und agile Unternehmen? Dann Schauen Sie direkt auf die Informationsseite zum Roundtable zu Agilität und vernetzen Sie sich mit mir und den Experten. Der nächste Roundtable über agile Unternehmen und digital Leadership ist bereits in Planung und ich freue mich Sie begrüßen zu dürfen. Schauen Sie auch in meine weiteren Buchvorschläge zur agilen Organisation.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.

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Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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