Agile Methoden wie Scrum schaffen Paradigmenwechsel in Unternehmen und revolutionieren somit die eigene Unternehmenskultur. Eigene Glaubenssätze und Verhaltensweisen, wie „das macht man so„, werden in Frage gestellt. Gleichzeitig wird die Tür für transparentere Strukturen geschaffen, in denen sich Mitarbeiter stärker einbringen können. Demnach transformieren sich in agilen Unternehmen klassische Positionen zu modernen Rollen.

Bei erfolgreichem Installieren agiler Methoden nimmt das Management eine Schlüsselrolle ein. Damit Führungskräfte, die bisher mit wenig Aufmerksamkeit bedacht wurden, was die Einführung agiler Methoden betrifft, einer solchen Revolution nicht im Wege stehen, brauchen moderne Manager ein deutlich gezeichnetes, neues Bild ihrer eigenen zukünftigen Rolle innerhalb agiler Unternehmer.

Der moderne Manager

Der moderne Manager: Ein Wesen mit vielen Augen, das bei 360 Grad Blick das große Ganze im Auge behält und den Fokus auf viele Dinge gleichzeitig richtet. Darstellung: Appelo (2010, S. 370)

Die Abbildung aus Appelo (2010, S. 370) zeigt den modernen, agilen Manager als ein Wesen mit vielen Augen. Um erfolgreich zu agieren, richtet die Führungskraft den eigenen Fokus auf viele Dinge gleichzeitig. Sie muss nicht nur klare Strukturen schaffen, das agile Team zu jedem Zeitpunkt motivieren, sondern auch die eigenen Kompetenzen erweitern. Durch den Blick auf generelle Neuerungen und Entwicklungen außerhalb der eigenen Firma, muss agiles Management auch stets neue Fähigkeiten entwickeln und ist damit immer am Puls der Zeit. Die zahlreichen Augen verschaffen dem Manager dabei einen 360 Grad Blick, durch den er das große Ganze sieht.

Agiles Management entwickelt Menschen

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Modernes Management entwickelt, schützt und führt Mitarbeiter gleichermaßen. Bild: Appelo (2010, S. 155)

Nach Appelo (2010, S. 155) sind drei der Hauptaufgaben von Managern, Menschen zu entwickeln, die Mitarbeiter zu beschützen und diese bei ihrer persönlichen Entwicklung innerhalb des Unternehmens zu leiten. Wie agiles Human Resource Management es schafft, agile Mitarbeiter zu finden und selbst der neuen Rolle der HR gerecht zu werden, habe ich bereits im Artikel zu agiler HR behandelt.

Komplexität im Management

Agiles Management
Die komplexe Wirklichkeit führt bei vielen Managern zu einer „Entscheidungslethargie“. Agile Methoden können Abhilfe schaffen. Darstellung: Appelo (2010, S. 52)

Die Abbildung aus  Appelo (2010, S. 52) verdeutlicht die komplexen Systeme, denen sich Führungskräfte ausgesetzt fühlen. Nicht selten führt diese Komplexität zu einer Lethargie hinsichtlich wichtiger Entscheidungsprozesse. Entscheidungen werden, wenn überhaupt, häufig erst zur Deadline getroffen. Moderne, agile Methoden wie Selbstorganisation und Halocracy können die Komplexität aufweichen und die Möglichkeit zur Entscheidungsfindung transparenter machen.

Agiles Management
Agiles Management muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Entscheidungsfreiheit für Mitarbeiter und klaren Anordnungen schaffen (Appelo 2010)

Modelle wie Holokratie (siehe dazu meinen Artikel zu Holokratie) können allerdings schnell in eine Art Anarchie abdriften, was der Unternehmenskultur überhaupt nicht gut tut. Auf der anderen Seite will man jedoch weg von alten, festgefahrenen Strukturen und eben jene zu strenge, intransparente Ordnung aufweichen. Die Rolle von agilem Management besteht also darin, das Chaos zu regieren und eine Ordnung innerhalb der Holacracy zu schaffen. Anders gesagt: Agiles Management schafft ein ausgewogenes, perfektes Verhältnis zwischen Anarchie und Diktatur. Tipp: Lesen Sie auch meinen Artikel zu Komplexität im Management.

Agiles Management gegen Komplexität

Die meisten Organisationen sind nach einer klassischen Hierarchie aufgestellt. Diese ist laut Appelo nicht agil und wird eigentlich auch nicht wirklich gelebt. Deswegen fordert Appelo eine Hierarchie für Organisation und eine informelle Struktur für das Netzwerk im Unternehmen. So ist jeder einzelne Mitarbeiter der Organisation mit den anderen vernetzt.

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Ein Netzwerk für die Kommunikation und eine Hierarchie für die Führung (Appelo 2010).

Appelo schlägt zur Lösung auch einen weiteren agilen Ansatz vor. So ist die Idee, dass Organisationen grundlegend ein klassisches Projektgeschäft etablieren. Diese werden von internen Dienstleistern unterstützt. Es handelt sich dabei um spezialisierte Teams wie z.B. ein GUI Team. Diese Teams verfügen über ein agiles Mindset, das darauf beruht, einen ausgezeichneten Service für die Projekt-Teams zu bieten und diese so gut es geht zu unterstützen. Ein ähnlicher Ansatz wurde im 2. Roundtable zu digitalen Unternehmen konzeptioniert.

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Spezialisierte Teams in der Organisation verstehen sich als „internen Dienstleister“, welche die Organisation unterstützt (Appelo 2010).

Dimensionen von agilem Management

Es gibt nun keine direkten Kriterien, was ein agiles Management ausmacht und was nicht. Klar ist jedoch, dass man gewisse Indikatoren festlegen kann. So habe ich bereits einige im Artikel „Was ist Agilität?“ definiert. Doch auch bei Haufe finden sich Kriterien. Diese sind:

  • das agile Zielbild
  • kundenorientierte Organisationsstruktur
  • iterative Prozesslandschaften
  • mitarbeitezentriertes Führungsverständnis
  • agile Personal- und Führungsinstrumente
  • die agile Unternehmenskultur

Zuerst sollte also ein Zielbild festgelegt werden. Die Frage dabei;: Was wollen wir alle gemeinsam in Organisation erreichen und wie können wir den Kunden maximale Wertschöpfung bieten? Auch Entscheidungen in einer agilen Führung werden anders getroffen – so sagt Haufe: Für die Entscheidungsfindung in Organisationen bedeute das, dass Entscheidungen dort getroffen werden, „wo das Wissen und nicht die disziplinarische Macht sitzt.“.

Das ist in der Regel meist recht klar bei den Entwicklern selbst, welche im Kontakt mit dem Kunden stehen. Im Beispiel Consulting sind es Berater, die direkt beim Kunden vor Ort sitzen.  Auch die Arbeitsweise selbst verändert sich laut Haufe: Das Konzept der Agilität umfasst kurze, überschaubare Planungs- und Umsetzungszyklen mit konkreten Ergebnissen („prototyping“), sodass sofortiges Anpassen auf veränderte Rahmenbedingungen möglich wird („inspect and adapt“). Fehler werden frühzeitig sichtbar und können bereits im Frühstadium korrigiert werden, Prioritäten werden regelmäßig hinterfragt und neu ausgerichtet.

StolPersteine für agiles Management

Doch die Umsetzung von agilen Management ist nicht einfach und verläuft nicht immer problemlos. So sagt der Havard Business Manager sinngemäß: Nicht selten sind Teams mit der Umstellung auf agile Managementsysteme überfordert. Denn mehr Freiheit bedeutet eben auch, offen zu sagen, wenn etwas schlecht läuft – und Kritik von Gleichgestellten auszuhalten, wenn Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückbleiben. Wer unnötige Reibungsverluste vermeiden will, sollte deshalb vor der Transformation klare Regeln für die Zusammenarbeit definieren – auch was Urlaub, Gehälter und Arbeitszeiten angeht.

Das Magazin führt also menschliche Sorgen oder den Verlust von Status an. Oft befinden sich Mitarbeiter in einer gewissen Routine, welche Sicherheit bietet und glauben, mit dem agilen Wandel ihre Position zu verschlechtern oder haben generell Angst vor der hohen Unsicherheit einer möglichen Selbstorganisation. Agilität benötigt also andere Fähigkeiten als die Arbeit in einer klassischen Hierarchie. So sagt das Magazin am Ende zusammenfassend: „Manager, die ihre Organisation umstellen wollen, sollten daher darauf achten, ob die Mitarbeiter die nötigen Voraussetzungen erfüllen.“

Zusammenfassung

Kein Zweifel: Das traditionelle Management steckt in der Krise. In einer immer komplexeren und wandlungsfreudigeren Welt, scheinen Managementprinzipien, die im letzten Jahrhundert in vielen Bereichen durchaus erfolgreich waren, immer mehr an ihre Grenzen zu stoßen. Immer offensichtlicher wird, dass ein Führungsverständnis, das auf individuellen Vorgaben und Kontrolle beruht, in der heutigen Zeit nicht mehr funktioniert – in einer Zeit, in der es vorrangig um kreative Wissensarbeit, um komplexe Aufgabenstellungen und um flexibles Reagieren auf Veränderungen im Markt geht.

Zu limitieren ist, dass Appelo seinen Ansatz im Jahr 2010 entwickelt hat und dieser bereits sehr ausgereift ist. Neue Erkenntnisse bauen auf seinen Ausführungen auf und mit erweitern das Modell mit neuen Ansätzen. Im Verlauf der Forschung wird sich zeigen, wie diese Ansätze Unternehmen helfen können, sich in einer digitalen Welt zukunftsfähig zu wandeln und mithilfe von Agilität und Veränderung auf die massive Geschwindigkeit des technischen Fortschritts zu reagieren.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

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Verwendete Quellen anzeigen

Appelo, J. (2010). Management 3.0: Leading Agile Developers, Developing Agile Leaders. Boston: Addison-Wesley Professional.

Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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