Sie schreiben gerade an der Abschlussarbeit oder sind gerade in der Anfangsphase und fragen sich: „Was ist eigentlich mein Ergebnis?“ Zwar haben Sie eine konkrete Forschungsfrage aber wissen nicht genau, wie ein Ergebnis aussehen kann? Ich möchte dazu drei mögliche Arten der Ergebnisfindung einer Abschlussarbeit genauer erläutern.

Hypothesen

Thesen sind keinen spezielle Regelwerk unterworfen und damit auch schwammig definiert. In der Wissenschaft nutzt man allerdings die Hypothese, welche spezifischer definiert ist und einen Zusammenhang zwischen mindestens zwei Variablen herstellt. Beispiele sind:

  • Agile Unternehmen machen mehr Umsatz als klassische Unternehmen.
  • Mit Scrum lassen sich schnellere Arbeitsergebnisse erzielen als mit Kanban.
  • Mitarbeiter in agilen Teams verlangen weniger Gehalt als Mitarbeiter in klassischen Teams.

Dabei merken Sie, dass ich immer 2 Variablen in den Zusammenhang gesetzt habe. Sie haben folgende Möglichkeiten für die Ableitung von Hypothesen in Ihrer Abschlussarbeit:

  • Hypothesen zu Beginn einer Abschlussarbeit formulieren
  • Hypothesen aus der Literaturanalyse ableiten

Hypothesen haben den Vorteil, dass diese sich leicht ableiten lassen und noch viel leichter durch akademische Methoden evaluieren lassen. Dabei sammeln Sie gezielt Daten zur ausgewählten Hypothese. Das Ergebnis einer Abschlussarbeit sind dann immer die gültigen Hypothesen. Ich möchte dazu zwei Beispiele geben.

Lesetipp: Unterschied qualitativer und quantitativer Forschung

Beispiel 1: Quantitative Abschlussarbeit

Nehmen wir im ersten Beispiel eine Abschlussarbeit mit einer Literaturanalyse und einer klassischen Onlinebefragung, welche Sie statistisch auswerten. Dabei haben Sie 10 Fragen, welche einen Projektleiter zur Wichtigkeit von Onlinetools befragen.

Nun ist es ganz einfach: Nehmen Sie Ihre Hypothesen und zerlegen Sie diese in Variablen. Diese Variablen fragen Sie einzeln ab und überprüfen im Nachhinein in einer Korrelationsanalyse ob diese sich bewahrheiten oder nicht. Vorteil ist, dass Sie jede Hypothese durch konkrete Zahlen belegen. Zwei Beispiele finden Sie im Folgenden:

  • Hypothese 1: Jüngere Führungskräfte sind im Umgang mit agilen Methoden besser ausgebildet.
  • Frage 1.1: Wie alt ist Ihre aktuelle Führungskraft (19 – 35, 35 – 45, 45 bis 67)?
  • Frage 1.2: Wie bewerten Sie den Kenntnisstand ihrer Führungskraft zu agilen Methoden (Skala 1-5)?
  • Korrelation: Prüfen Sie ob alle Teilnehmer, welche angegeben haben eine Führungskraft unter 35 Jahren zu haben auch angeben, dass diese Know-How zu Agilität besitzt
  • (mindestens 4).
  • Hypothese 2: Videokonferenzen eigenen sich bei virtuellen Projektteams zielführend zur Übergabe großer Aufgabenpakete.
  • Frage 2.1: Welche virtuellen Tools nutzen Sie bei der Übergabe großer Aufgabenpakete?
  • Frage 2.2: Wie zufrieden sind Sie mit diesen Tools?
  • Korrelation: Schauen Sie ob Teilnehmer, welche bei Frage 1 Videokonferenzen gewählt haben auch diese in Frage 2 gut bewertet haben.

Lesetipp: Befragung

Beispiel 2: Qualitative Abschlussarbeit

Sollten Sie eine qualitative Überprüfung der Hypothesen vornehmen, dann ist es ebenfalls recht einfach. Nehmen Sie dazu einfach Ihre Hypothesen als Fragen und bitten Sie den Experten um eine Einschätzung. Vorteil dieser Methodik ist, dass Sie jede Hypothese tiefergehend beleuchten. Fragen Sie dazu immer: Stimmen Sie dieser Hypothese zu und begründen Sie Ihre Antwort.

Lesetipp: Experteninterviews

Handlungsempfehlungen

Handlungsempfehlungen sind Ratschläge, welche aus den Daten der Abschlussarbeit abgeleitet sind. Diese richten sich in der Regel an Praktiker und sollen beim Alltag in Unternehmen helfen. Vorteil ist, dass diese speziell bei Fragen nach: „Was haben Sie in Ihrer Abschlussarbeit herausgefunden?“ helfen als auch eine kompakte Übersicht für Praktiker sind.

Ich gebe dabei sehr oft Handlungsempfehlungen in meinen Studien und Papern. Ich merke allerdings, dass dieses Verfahren auch sehr umstritten ist. Auf der einen Seite sind einige vollkommen davon überzeugt und andere Akademiker nicht. Grund ist, dass Handlungsempfehlungen oft schwammig sind. Ich empfehle deswegen dies mit ihren Betreuer abzusprechen.

Optimalerweise können Sie einfach Handlungsempfehlungen aus Ihren bestätigen Hypothesen ableiten. Stimmen beispielsweise zwei Variablen, dann haben Sie eine Handlungsempfehlung. Haben Sie beispielsweise rausgefunden, dass die Teilnehmer Scrum Teams bei Projekten ab 5 Mio. Euro Volumen gerne ein setzen, können Sie daraus eine Handlungsempfehlung ableiten. Dies ist der einfache Fall. Ich möchte noch ein weiteres Beispiele für Handlungsempfehlungen ohne Hypothesen geben.

Beispiel: Ableitung von Handlungsempfehlungen am Ende der Arbeit

Nehmen wir an, dass Sie eine Abschlussarbeit über den Einfluss von Agilität auf den Projekterfolg schreiben. Dabei haben Sie Literatur gelesen und mit 5 Experten gesprochen ob die Erkenntnisse aus der Literatur auch im Projektalltag anwendbar sind. Nun müssen Sie die Ergebnisse in konkrete Handlungsempfehlungen umwandeln.

Schauen Sie dazu zuerst ob sich Aussagen der Praxispartner direkt in Tipps umwandeln lassen. Beispielsweise sagt ein Experte: „Bei remote Projekten verwenden wir immer Scrum da die Kontrolle sowieso nur aufgebenbezogen möglich ist„. Daraus lässt sich eine erste Handlungsempfehlung ableiten.

Schauen Sie weiter ob sich gewisse Variablen aus Ihren Interviewfragen ziehen lassen. Wenn Sie beispielsweise nach Stolpersteinen oder Hindernissen in Projekten gefragt haben, folgen auf diese meist Handlungsempfehlungen oder falls etwas von der Mehrzahl der Teilnehmer verneint worden ist, hat dies Potential für eine Empfehlung etwas zu vermeiden. Beispiele solcher Aussagen sind:

  • Wir verwenden meist Kanban im Betrieb, da uns Scrum zu umfangreich ist (Best-Practice).
  • Wir haben oft längere Konversationen via E-Mail und es gibt dabei oft viel Streit (Stolperstein).

Tipp: Falls Sie Ihre Arbeit noch begonnen haben, empfehle ich mit Hypothesen zu arbeiten und die Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Sie pauschalisieren sonst Einzelaussagen, was anfechtbar ist.

Frameworks

Ein Framework zu erstellen dient in erster Linie dazu komplexe Sachverhalte visuell darzustellen. Es ist also eine Art Orientierung beispielsweise in der Organisationsentwicklung. Die Konzeption eines Frameworks ist dabei eine Forschungsmethode und nennt sich Referenzmodellierung.

In der Regel nehmen Sie bestehende Hypothesen oder Daten aus welchem Sie ein Framework bauen. Dieses visualisiert zusätzlich nochmal den Sachverhalt und lohnt sich speziell bei schwer dazustellenden Sachverhalten. Beispiele bekannter agiler Frameworks sind beispielsweise:

Tipp: Frameworks müssen nicht immer reine Bilder sein. Es können auch Textkonstrukte wie Porters Five Forces oder die SWOT Analyse sein.

Beispiel: Mein agiles Framework

Ich habe in meiner Studie zu Agilität untersucht wie die Agilität in einem klassischen KMU gesteigert werden kann. Mehr Informationen zum konkreten Inhalt des Framework gibt es im Artikel zum Roundtable 2.

Wichtig: Limitieren Sie dabei immer, dass Ihr Referenzmodell immer nur ein vorgefertigtes Lösungsschema für eine mögliche Situation in der Realität ist und damit zwangsläufig nicht immer in der Praxis uneingeschränkt gültig ist.

Zur Konzeption eines Referenzmodells wird in erster Linie das praktische Problem erfasst, ein Referenzrahmen gebildet und anschließend die Problemlösung präsentiert. In meinem Modell wird als praktisches Problem die Forschungsfrage genommen: Wie kann Agilität in einem KMU gesteigert werden?

Als Referenzrahmen habe ich ein fiktives KMU genommen. Zu guter letzt habe ich die Handlungsempfehlungen der Teilnehmer in das Rahmenwerk implementiert. Beispiele sind: zentrale Dienste mit wenig Agilität und kleine agile Einheiten (StartUps).

Agile Organisation
Ein Unternehmen als Molekül. Die Teilnehmer nutzen die Metapher aus der Physik zur Bildung eines Modells für evolutionäre Unternehmen (Lindner und Leyh 2019)

Fazit

Welches Ergebnis Sie in Ihrer Arbeit schlussendlich ziehen wollen bleibt Ihnen überlassen und richtet sich nach der Forschungsfrage. Ich empfehle in den meisten Fällen auf Hypothesen oder falls möglich auf Handlungsempfehlungen (unbedingt vorher den Betreuer fragen) zu setzen, da diese für die Praxis wertvoll und Sie diese bspw. einer Bewerbung beilegen könnten oder bei mir im Blog veröffentlichen können.

Falls es noch Fragen gibt, können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.

Bildquelle: Pixabay

Lindner, D., & Leyh, C. (2018). Organizations in Transformation: Agility as Consequence or Prerequisite of Digitization? BT  – Business Information Systems. In W. Abramowicz & A. Paschke (Eds.) (pp. 86–101). Cham: Springer International Publishing.

Gibt es noch Fragen?

Falls es noch Fragen gibt, habe ich zwei Tipps. Ich habe meine Erfahrung aus 5 Jahren in der Betreuung von Abschlussarbeiten im Buch: "Empfehlungen für die Bachelor- und Masterarbeit" zusammengefasst. Dieses gibt es bei Springer und Amazon seit August 2020. Das Buch ist ein offizielles Fachbuch und kann damit zitiert werden. Weiterhin können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.

Tipp: Ich vergebe auch über den Blog eine gratis Zertifizierung zum Digital & Agile Practioner!

Ansonsten vernetzen Sie sich gerne mit mir auf Xing, LinkedIn oder dem wissenschaftlichen Netzwerk Researchgate.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Ich habe zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.

Author

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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