In meiner Forschung habe ich neben einer Gruppendiskussion auch die Daten erhoben. Hierzu habe ich eine quantitative Befragung durchgeführt. Diese dient der schnellen Erhebung von Daten, welche ich in den Roundtables gemeinsam mit den Teilnehmern auswerten konnte. In diesem Artikel gebe ich einige Tipps dazu. Die folgenden Abschnitte sind aus meiner Promotion entnommen und zitiert.
Vorteile und Pilottest
Vorteil ist, dass schnell eine hohe Masse erreicht werden kann. Die Links zu dem Fragebogen können gezielt an bereits bekannte Teilnehmer und Empfehlungen in deren Netzwerken verteilt werden. Im Gegensatz zu direkten Methoden wie z.B. Telefoninterviews ist das Layout sowie die Gestaltung des Fragebogens sehr wichtig, da der Forscher nicht durch Erklärungen unterstützen kann (Porst 2014). So kann u.a. eine Frage falsch interpretiert werden. Aus diesem Grund wurden meine Fragebögen immer mit 5 Pilotpersonen getestet, welche im Anschluss direktes Feedback an das Forscherteam übermittelten.
Zielgruppe definieren
Jede Umfrage hat eine bestimmte Zielgruppe, welche Sie definieren sollten. So sollten Sie einerseits die Berufsgruppe eingrenzen und anderseits in der Abschlussarbeit rechtfertigen, warum Sie diese befragen. Auch ergibt sich dabei, ob Sie online oder offline befragen sollten. Ich wollte beispielsweise disziplinarische Führungskräfte befragen, da ich das Führungsverhalten bei virtuellen Teams untersuchen wollte. Das war online perfekt möglich. Bei einer anderen Studie zum Digitalen Arbeitsplatz war meine Zielgruppe Kleinstunternehmen. Diese waren meist kaum via Mail oder Internet zu erreichen, weswegen wir offline befragt haben. Definieren und rechtfertigen Sie also vor der Umfrage auch genau die Zielgruppe.
Tipp: Vergessen Sie nicht Ihre Methodik sauber zu limitieren.
Formulierung der Fragen
Den genauen Inhalt der Fragen richtet sich natürlich nach Ihrer Forschungsfrage. Jedoch sollten Sie die Art der Fragestellung genau konzipieren. Dabei leiten Sie pro Frage eine Variable (Messgröße) ab. Dies kann z.B. Umsatz der Befragten, Teamgröße, bevorzugte agile Methode, Unternehmensart oder vieles mehr sein. Wichtig ist: jede Frage erzeugt eine Variable. Aus den Variablen können Sie anschließend bestätigte Hypothesen erzeugen. Falls Sie im Vorfeld ihrer Arbeit schon Hypothesen haben, sollte die Fragen natürlich an die Hypothesen angepasst werden.
Falls nicht, können Sie Thesen aus Ihrer Befragung ableiten z.B. Ab einer Teamgröße von 12 Personen bevorzugen die befragten Manager Kanban oder Manager aus KMU bevorzugen Kanban und Konzerne eher Scrum. Dabei richtet sich die Formulierung nach den gewählten Auswertungsverfahren. Dazu erzähle ich weiter unten noch etwas. In einer Abschlussarbeit reichen in der Regel 5-10 Fragen.
Lesetipp: Thesen aufstellen
Exkurs: Online vs. Offline
Es gibt insgesamt zwei mögliche Typen der Umfrage: Online und Offline. Sie können die Umfrage ausdrucken und offline durchführen. Dies hat den Vorteil, dass Sie Teilnehmer erreichen, welche Sie sonst nicht erreichen und die Verteilung sehr genau nachverfolgen können. Beispielsweise kann ein Fragebogen so gezielt an Führungskräfte oder Projektleiter verteilt werden. Ich wollte beispielsweise in einer Studie die exakt gleichen Unternehmen befragen, welche von meinem Co-Autor bereits 2016 befragt worden sind. Somit haben wir die ausgedruckten Fragebögen gezielt an diese verteilt. Niemand anderes sollte an der Umfrage teilnehmen. Limitierung: Natürlich können Sie auch online die Umfrage durch Zugangscodes schützen, allerdings ist dies nie 100% sicher.
Bei der Onlineumfrage erreichen Sie sehr schnell eine hohe Masse, können allerdings kaum steuern wie der Link zur Umfrage verteilt wird. So können auch Teilnehmer diesen weitergeben. Sie sollten deswegen eine Eingangsfrage formulieren. So habe ich bei meiner Umfrage zu Führungskräften als Eingangsfrage gestellt, welche Anzahl an Mitarbeitern der Befragte aktuell führt. Bei der Antwort: keine Führung, brach der Fragebogen sofort ab. So vermeiden Sie falsche Antworten. Jemand der nicht führt, kann nämlich kaum sagen, was Führungskräfte denken. Genauso sollten auch bei einer Umfrage unter Projektleitern nur Projektleiter antworten.
Aufbau und Ablauf
Meine Onlinefragebögen werden in kleine thematisch getrennte Blöcke unterteilt und es wird darauf geachtet, dass sich neben gängigen Antworttypen wie Dropmenus, Listen, Checkboxen, Radiobuttons etc. nicht zu viele Fragen auf einer Seite befinden, da bei zu vielen Fragen die Konzentration der Forschungsteilnehmer nachlassen kann (Kuckartz et al. 2009) oder eine Informationsüberflutung bei zu vielen verschiedenen Themenblöcken bei den Teilnehmern eintreten kann. Der Fragebogen wurde deswegen auf 15 Minuten ausgerichtet, was sich auch in den Pilottests als eine akzeptable Zeitdauer herausstellte.
Die Befragungen werden von mir immer auf 4 Wochen angesetzt und einem Minimum von 60 validen Antworten. Die Daten werden anschließend aus der Fragebogensoftware exportiert und in einem Tool zuerst auf Gültigkeit evaluiert. Nach Aussortierung von wenig ausgefüllten Fragebögen wird diese mithilfe von SPSS ausgewertet, sodass die Daten visualisiert werden konnten.
Lesetipp: Buch von Kuckhartz
Wieviele Leute sollte ich befragen?
Dies ist eine gute Frage und es gilt generell: Umso mehr Sie befragen, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Mein Tipp ist, dass Sie auf die Ergebnisse schauen und ausrechnen: Wie signifikant haben sich die Ergebnisse seit den letzten 5 befragten Teilnehmern verändert. Falls es keine Veränderung gibt, kann man davon ausgehen, dass die Ergebnisse stabil sind.
Fügen Sie dazu Ihrer Arbeit folgenden Satz hinzu: Es wurden 25 Teilnehmer befragt. Nach Wilde und Hess (2006) ist das Sättigungskriterium einer Forschungsmethode dann erreicht, wenn nach einer gewissen Menge an Teilnehmer nach einer Iteration keine signifikant neuen Erkenntnisse gewonnen worden sind. Nach Messung der letzten 5 Teilnehmer konnten keine signifikant neuen Veränderung in der Befragung erreicht werden.
Kurz gesagt: Sollte ich noch mehr befragen, wird sich das Ergebnis kaum noch verändern z.B. 80% präferieren agile vor klassischen Methoden in der IT. Selbst wenn Sie noch 40 weitere Teilnehmer befragen, sollt es sich unter normalen Umständen noch ändern.
Insgesamt kann ich aber als Richtwert sagen, dass in meinen Bachelorarbeiten oft 15-30 Leute befragt worden sind.
quantitative Befragung – Auswertung
Nach Abschluss der einfachen Auswertung werden die Daten aus der Fragebogensoftware exportiert. Ich habe jeweils immer den Unterschied zwischen KMU und Konzernen untersucht. So wollte ich speziell herausfinden ob sich z.B. für Führung in KMU spezielle Erkenntnisse ergeben. Im Analysetool SPSS werden die Daten in die Daten der KMU und Nicht KMU separiert und die Antworten pro Gruppe auf einen signifikanten Unterschied hin untersucht. Dabei wird in der Prüfung nach statistischen Abweichungen das vorher festgelegte übliche Signifikanzniveau von α=5 % verwendet (Kuckartz et al. 2013). Es wird abgeleitet, ob eine erhobene Variable der Befragung einheitlich auf die Gesamtheit aller Unternehmen zutrifft oder eine spezifische Abweichung für KMU existiert.
Lesetipp: Buch zur Auswertung
Vier Möglichkeiten zur Auswertung
Es gibt neben vielen anderen Möglichkeiten insgesamt vier bekannte Möglichkeiten große Datenmengen auszuwerten. Natürlich gibt es nebenbei noch viele Methoden wie Differenzanalyse, Con-Joint Analyse, neuronale Netze und Diskriminanzanalyse. Jedoch beschreibe ich nur diese vier Verfahren, da ich diese am häufigsten in Abschlussarbeiten an meiner Universität sehe.
Methode | Erklärung | Beispiel |
Signifikanzanalyse | Abweichung von Antworten | Wie investieren im KMU und Vergleich zu Konzernen? |
Regressionsanalyse | Zusammenhang von Variablen bestimmen | Ab welcher Summe hat das Marketingbudget Einfluss auf die Verkaufszahlen eines B2B KMU? |
Korrelationsanalyse | Abweichung von Variablen bestimmen | Wie ist der aktuelle Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Homeoffice? |
Clusteranalyse | Gruppierungen aus den Antworten ableiten | Welche Generationen gründen bevorzugt Startups? |
Signifikanzanalyse
Wie bereits erläutert, wird also beschrieben wie eine Hypothese von der Nullhypothese abweicht. Also wie in meinem Beispiel: KMU und NON_KMU. Dies lohnt sich sobald Sie 2 oder mehr Gruppen befragen. Es gibt hier Unterschiede zwischen KMU und NON_KMU z.B. in der Anzahl der Home Office Tage usw. Dies macht Sinn, sobald Sie etwas vergleichen oder Unterschiede herausarbeiten wollen bzw. wie ich speziell KMU untersuchen.
Regressionsanalyse
Hier versuchen Sie von einer unabhängigen Variable die Abhängigkeit zu einer anderen abzubilden. Beispielsweise möchte ein CEO wissen, wieviel Geld er in Werbung investieren muss, damit sich in der Firma etwas verändert wie z.B. Verkaufszahlen oder Neukunden. Sie bilden dazu sogenannte Streudiagramme und schauen ob sich ein Zusammenhang zwischen der ausgewählten Variable und den anderen zeigen. Hier wird im Gegensatz zur nächsten Methode genau die Ursache-Wirkung untersucht. Dies ermöglicht Prognosen, was sich bei Forschungsfragen lohnt, wenn Sie Prognosen geben möchten.
Korrelationsanaylse
Hier schauen Sie sich den Zusammenhang zwischen 2 Variablen an. Also ob diese in einem Zusammenhang stehen. So sagen Sie beispielsweise ob Mitarbeiterzufriedenheit und Tage im Home Office zusammenhängen können. Steigt oder sinkt diese mit erhöhten Home Office Tagen? Dies macht Sinn, wenn die Forschung einen Einfluss auf etwas untersucht. Hier wird im Gegensatz zur Regression keine Ursache Wirkung bestimmt sondern nur bestimmt wie ähnlich sind sich 2 Variablen. Hier untersuchen Sie also eher den Zusammenhang im Hier und Jetzt.
Lesetipp: Studie von mir mit Korrelationsanalyse
Clusteranalyse
Mit einer Clusteranalyse kann man Ähnlichkeiten in großen Gruppen bestimmen und diese zusammenzufassen. Ein tolles Beispiel sind die Kundengruppenanalysen. So schaut ein Marketingverantwortlicher, welche Kundengruppen in seinem Onlineshop einkaufen. In einer Abschlussarbeit fasst man dazu also ähnliche Antworten zu Gruppen zusammen. Das Ergebnis sind anschließend also Gruppierungen wie z.B. wer gründet Startups. Es ist mithilfe der Clusteranalyse möglich die Daten in Gruppen zu gliedern.
Fazit: Tipps zur Methode quantitative Befragung
Die Methode war für meine Forschung sehr gut geeignet und fokussiert sich auf Datensammlung. Ich habe die Methode offline als auch online angewandt. Die Vorbereitung und Auswertung nimmt eine hohe Zeit in Anspruch, weswegen jede Befragung ordentlich vorbereitet und geplant werden muss. Auch ist es wichtig mindestens 50 Personen zu befragen, da speziell die Signifikanztests ab 30 Personen erst Sinn ergeben, also insgesamt 60 Teilnehmer. Meine Tipps sollten eine erste Orientierung zur Methodik geben. Schauen Sie auf jeden Fall auch in meine weiteren Buchtipps!
Gibt es noch Fragen?
Falls es noch Fragen gibt, habe ich zwei Tipps. Ich habe meine Erfahrung aus 5 Jahren in der Betreuung von Abschlussarbeiten im Buch: "Empfehlungen für die Bachelor- und Masterarbeit" zusammengefasst. Dieses gibt es bei Springer und Amazon seit August 2020. Das Buch ist ein offizielles Fachbuch und kann damit zitiert werden. Weiterhin können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.
Tipp: Ich vergebe auch über den Blog eine gratis Zertifizierung zum Digital & Agile Practioner!Ansonsten vernetzen Sie sich gerne mit mir auf Xing, LinkedIn oder dem wissenschaftlichen Netzwerk Researchgate.Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Ich habe zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.
Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.
Verwendete Quellen anzeigenKuckartz, U., Rädiker, S., Ebert, T., & Schehl, J. (2013): Statistik: Eine verständliche Einführung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Kuckartz, U., Ebert, T., Rädiker, S. und Stefer, C. (2009): Evaluation online: Internetgestützte Befragung in der Praxis, 1. Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Porst, R. (2014): Fragebogen – Ein Arbeitsbuch, 1. Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.