Sie kennen das, wenn jemand Veränderungen vorschlägt und diese weit entfernt von der Realität sind? Der Widerstand ist oft massiv und die Umsetzung oftmals viel zu komplex. Besonders im agilen Kontext sollen Änderungen direkt von der klassischen Organisation direkt zum coolen Startup durchgezogen werden. Doch alleine dies ist kein agiles Vorgehen.

Das Zauberwort ist „kleine Schritte“ zum Ziel und dann stufenweise evaluieren und verbessern. Eine Möglichkeit dazu sind Reifegradmodelle. Ein Reifegradmodell hilft bei der Bewertung und Verbesserung der Prozesse im Unternehmen. Ich möchte für diesem Case ein agiles Reifegradmodell vorstellen, welches ich gerne verwende.

Ein Unternehmen kann die Einschätzung des Reifegrads oft nur selbst nach Bauchgefühl durchführen.

Dimensionen des agilen Reifegradmodells

Als erstes Stelle ich Ihnen die erste Dimension vor: Dies ist der eigentliche Reifegrad der Organisation. Diesem gilt es zu ermitteln und daran zu arbeiten. Diese Stelle Ich ihnen kurz vor. Natürlich werde diese in den einzelnen Abschnitten noch besser vorgestellt! Sie finden diese in der Abbildung.

Reifegrade in Organisationen nach meinem Verständnis

Es geht also darum, dass Sie im ersten Schritt überhaupt Informationen und Kommunikation für alle greifbar und verfügbar machen. Anschließend optimieren Sie einzelne Bereiche/Team/Abteilungen und machen sich dann an übergreifende Prozesse. Erst dann schauen Sie ganzheitlich auf die Organisation.

Nun gilt es in jedem Bereich gewisse Punkte zu verbessern. Diese habe ich in der folgenden Abbildung dargestellt. Pro Reifegrad haben Sie Schwerpunktthemen, welche Sie in Angriff nehmen. Diese sind in jedem Reifegrad gleich und typische Bereich des Unternehmens. Jedoch gehen Sie diese in jedem Reifegrad anders an. Wie genau? Das zeige ich Ihnen nun pro Reifegrad im Detail!

Schwerpunktthemen in den jeweiligen Reifegraden

Das agile und digitale Reifegradmodell und dessen Umsetzung

Eine Veränderung und Verbesserung in einer Organisation kann in meinen Augen nur stattfinden, wenn es definierte Praktiken und Konzepte gibt, die eine Verbesserung fördern, aufbauen und etablieren. Deswegen ordne ich nun jeder Dimension und Schwerpunkt gewisse Konzepte zu.

Tipp: Laden Sie sich hier die Vorlage!

Agiles und digitales Reifegradmodell nach meiner eigenen Erfahrung mit Konzepten zur Umsetzung pro Reifegrad und Schwerpunkt

Stufe 1: Transparenz

Die Organisation ist eher traditionell und konventionell geprägt. Es gibt eine hierarchische Organisationsstruktur. Entscheidungen werden von einzelnen Führungskräften getroffen und entlang der Hierarchieebenen kommuniziert. Jedoch sieht sich das Unternehmen mit zunehmend schneller wechselnden Anforderungen konfrontiert und möchte lernen, mit besser darauf reagieren zu können. Jedoch sind diese noch nicht so dringend, dass wirklich etwas stark verändert werden soll. Sie erkennen viele festgefahrene Strukturen und viel „das ist historisch gewachsen, nicht dokumentiert und das muss man halt wissen“.

Die Herausforderungen 

  • Viele Unternehmen sind vollkommen auf Steuerbarkeit und Kontrolle optimiert. Doch diese ist nur Schein. Von innen ist es oft ein Chaos und alles ist historisch gewachsen und nicht dokumentiert.
  • Sie werden in dieser Phase wenig erreichen. Es gilt im ersten Schritt die aktuelle Lage zu analysieren und Transparenz zu schaffen. Zeigen Sie dem Management was im Unternehmen vorgeht.

Die Ziele

  • Holen Sie sich Feedback von den Mitarbeitern und sammeln die historische Informationen.
  • Erstellen Sie Reports und eine saubere Prozessdokumentation
  • Stellen Sie Informationen zu Agilität und neuer digitaler Möglichkeiten zusammen
  • Arbeiten Sie sauber Fehler und Potentiale heraus für das Management

Stufe 2: Verbesserung

Ihre Organisation ist weiterhin traditionell und konventionell. Sie finden nun erste Dokumentationen und es gibt klare Ansatzpunkte. Sie stellen fest, dass Abteilungen nach Spezialisierungen gegliedert sind un in isolierten Themenfeldern arbeiten. Es gibt mehr oder weniger geregelte Prozesse und es gibt viel Dokumente, welche schwer zu überblicken sind.

Die Herausforderungen 

  • Aktuelle Prozesse und Teamleistungen sind nicht mehr ausreichend für die Aufgaben. Die Leistung ist nicht optimal und es ist auch transparent.
  • Entscheidungen werden an zentralen Stellen getroffen und Prozesse sind sehr langsam und schwerfällig.
  • Meetings empfinden die Mitarbeiter in der Regel als ineffizient und Zeitverschwendung.

Die Ziele

  • Agile Arbeitsmethoden (Scrum, Kanban) auf der Teamebene etablieren und neue Formen der Zusammenarbeit erschließen.
  • Gemeinsame Teamdokumentation um Wissen transparent und nutzbar zu machen.
  • Regelmässig und sinnvolle Reviews mit Lieferanten und auch im Team
  • Mindsetwechsel hin dazu, dass der Kunde das Zentrum des Unternehmens ist.
  • Durch regelmäßige Retrospektiven Potentiale im Unternehmen erkennen
  • Stärkung von Rollen wie Scrum Master in den Teams als ersten Schritt zum Abbau der zu starken Hierarchie
  • Sinnvolle Verknüpfung der Softwaretools, sodass diese übergreifend genutzt werden können und keine Silolösungen bilden

Stufe 3: Bereichsübergreifende Arbeit

Die Veränderung wird im Unternehmen als Chance verstanden. Erste Verbesserungen wurden auf Teamebene etabliert und es knallt in der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen, welche noch Silos sind und von „mächtigen“ Abteilungsleitern geleitet werden. Es wird sich auf Teamebene an den Bedürfnissen des Kunden orientiert aber nicht zwischen den Abteilungen. Auch sind Methoden wie Scrum und Kanban bereits etabliert aber nur in Teams. Die Arbeitsplanung und Kommunikation wird durch digitale Tools unterstützt. Jedoch unterscheidet es sich zwischen den Abteilungen.

Die Herausforderungen

  • Das Unternehmen besitzt jede Menge an Fach- und Branchenwissen. Doch die Abteilungen teilen dies nicht miteinander.
  • Agiles Mindset und Methoden sind in Teams angekommen aber werden zwischen den Abteilungen blockiert.
  • Sobald die Arbeit zwischen den Abteilungen stattfindet, fallen alle zurück in altes Verhalten.
  • Die Arbeitsplanung und Kommunikation wird durch digitale Tools unterstützt. Jedoch unterscheidet es sich zwischen den Abteilungen.
  • Der Entschluss zur Veränderung ist gefallen, es fällt jedem jedoch schwer dies sinnvoll zu formulieren und die meisten Mitarbeiter wissen nicht, was die eigentliche Strategie ist.

Die Ziele

  • Formulieren Sie gemeinsam übergreifende Prozesse und stimmen Sie diese mit den Abteilungsleitern ab.
  • Skalieren Sie agile Methoden und Softwaretools, so dass Abteilungen gemeinsam in einem Tool arbeiten. Schaffen Sie eine gemeinsame Toollandschaft und gleichen Sie agile Vorgehensweisen aneinander an.
  • Teilen Sie eine Wissensbasis mit der anderen Abteilung
  • Klären Sie klare Rollen, welche auch in anderen Abteilungen akzeptiert werden und fördern Sie Projekte, welche über mehrere Abteilungen gehen. Grenzen Sie klar ab, was jede Abteilung im Projekt beisteuert.
  • Bereiten Sie direkt Wege der Kommunikation vor und schaffen Sie die Grundlage für eine flache Hierarchie durch die dauerhafte Stärkung der neuen Rollen im Unternehmen.
  • Führung Sie Retrospektiven gemeinsam durch und betrachten Sie Prozesse von Anfang bis Ende gemeinsam.

Stufe 4: Agile Organisation

Nun wollen Sie auch die höchste Stufe erklimmen und eine agile Organisation werden. Die Organisation arbeitet über die Abteilungen gut zusammen und es soll nun ganzheitlich bis zum Vorstand eine agile Organisation entstehen. Eine offene und direkte Kommunikation gehört ebenso zu der Kultur wie Transparenz und flexible Arbeitsmodelle. Ziel sind interdisziplinäre Teams und Selbstorganisation.

Die Herausforderungen 

  • Die können kaum auf Erfahrungen zurückgreifenden. Konzepte um die agile Organisation sind oft abstrakt. Sie müssen diese auf Ihre Organisation anpassen.
  • Es gilt Konzepte zu validieren und den Mitarbeitern zu erklären.
  • Die Organisation kann nur noch gemeinsam mit Managern und Mitarbeitern. Die Komplexität der Veränderung ist sehr hoch.
  • Es gilt weniger Prozesse festzulegen. Es geht um ein kaum greifbares Mindset mit Werten und Prinzipien.

Die Ziele

  • Hohe Mitarbeiterbindung und Selbstorganisation.
  • Umsetzung moderner Methoden der Organisationsentwicklung
  • Verteilung von Verantwortung und Aufgaben auf Basis von Rollen und wenigen guten Managern mit Personalverantwortung
  • Die Organisation ist ein Netzwerk aus Mitarbeitern und verteilten Teams
  • Die Zusammenarbeit mit Partnern und Lieferanten erfolgt auf Vertrauen und wenigen Verträgen
  • Kunden und Mitarbeiter arbeiten gemeinsam an Innovationen
  • Der Arbeitsplatz ist so gut ausgestattet, dass Team virtuell zusammenarbeiten können
  • Mitarbeiter gestalten in Abstimmung mit dem Management aktiv die Organisation und Dienst nach Vorschrift ist ein Fremdwort

Fazit

Sie merken, dass es sinnvoll ist den eigenen Reifegrad zu kennen und daran die richtigen Meilensteine festzumachen. Es gilt immer einen Fuss vor den anderen zu setzen und sich langsam zu verbessern. So merken Sie auch schnell fortschritte und können Mitarbeitern die Veränderung praxisnah verkaufen. Wichtig ist: Sie müssen nicht bei jedem Schwerpunkt (Mitarbeiter, Lieferanten,…) immer im gleichen Reifegrad sein. Dies kann sich stark unterscheiden und vielleicht ist es auch nicht immer sinnvoll überall den höchsten Reifegrad zu haben. Nun gilt es nur noch eine Strategie festzulegen. Dazu empfehle ich einen weiteren Artikel:

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Weitere Lesetipp zu Changemagement Artikel gibt es hier:

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Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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