Fast jeder Deutsche hat ein Bankkonto. Mittlerweile kann man das „fast“ sogar (fast) streichen, da selbst Obdachlosen per Gesetz die Eröffnung eines Basis-Girokontos nicht mehr verweigert werden darf. Der Grund liegt auf der Hand: Ohne Girokonto sind wir kein Teil dieser Gesellschaft. Miete, Steuer, Gutschriften – Bar läuft heute gar nichts mehr. Wer größere Mengen Bargeld bei sich trägt ist entweder Drogendealer oder Waffenhändler, vielleicht aber auch irgendein Rotlicht-Boss. Natürlich stimmt diese Behauptung nicht, doch deutlich wird es schon: Das Bankkonto und sein Giralgeld haben den Kreuzzug bereits gewonnen!

Im digitalen Zeitalter jedoch, stehen dem guten alten Girokonto und dem generellen Geschäftsmodell der etablierten Banken gleich mehrere neue Schlachten bevor. Zum Beispiel: Giralgeld vs. Blockchain – Kreative FinTechs können eine Art Schnittstelle zwischen Neuer Welt und alter Welt sein und machen das Finanzwesen, man traut es sich kaum auszusprechen – agil.

Etablierte Banken in der KrisE

Nicht nur zahlreiche Untersuchungen und Berichte legen Nahe: Die Deutschen Großbanken befinden sich erneut in einer Krise, die von viel größerem Ausmaß ist als man denkt. Deutsche Bank, Commerzbank und Co leiden nicht nur unter den harten Eigenkapitalvorschriften und der Niedrigzinspolitik der EZB, sondern es fehlt ihnen schlichtweg an einem erfolgsversprechenden Zukunftskonzept. Denn nach den letzten Krisen ist das Vertrauen der Otto-Normal-Bankkunden auf einem nie da gewesenen Tiefpunkt.

FinTechs setzen genau hier an und wollen Finanzdienstleistungen für die Zukunft anbieten. Dabei sind nicht nur Zahlungen und Überweisungen zwei der zahlreichen Bereiche, in denen FinTech Unternehmen auf dem Vormarch sind. Ein anderer Geschäftszweig ist das Persönliche-Finanz-Management. In diesem Bereich werden beispielsweise Algorithmus gesteuerte Möglichkeiten der Vermögensverwaltung entwickelt. Zusammengefasst lässt sich durchaus sagen, dass FinTech StartUps  statt traditionell zu investieren, mehr als die etablierten Banken, mit neuen Technologien „experimentieren“ und auch andere Investment-Portfolios haben. Damit sind FinTechs weitaus agiler, in Sachen Anpassung an schnelle wirtschaftliche Veränderungen, als es die Großbanken je sein werden. Dennoch: Das Geldsystem revolutionieren die FinTechs nicht, wenn auch stets neue Bezahl- und Anlagemöglichkeiten dem Umgang mit „Geld“ – wie auch immer dieses in Zukunft aussehen mag – erleichtern.

Agile FinTech Startups auf den Vormarsch

Zu den mittlerweile 5 besten FinTechs der Welt zählen laut einem Ranking der Beratungsgesellschaft KPMG die Dienstleister Lufax (China), Zhongan (China), Oscar (USA), Qudian (China) und Ant Financial (China), einem Unternehmen aus dem Netzwerk des Online-Händlers Alibaba. Mit einem klaren Fokus auf Online-Payment bietet Ant Financial auch weiterführende Finanzdienstleistungen für Klein- und Kleinstfirmen sowie für Privatleute. Neben dem Zahlungsservice deckt das Leistungsspektrum auch ein Vermögensmanagement, individuelle Kreditwürdigkeitsprüfungen, Reporting sowie Leistungen aus dem Private Banking und Cloud Computing an.

Agile Finance und die digitale Transformation

Zwar überholen FinTechs die alt eingesessenen Banken mit neuartigen Finanzprodukten und Dienstleistungen, doch ganz ohne sie können auch die FinTechs nicht. Denn: Selbst ein erfolgreiches Fintech wie Weltsparen hat als Geschäftsmodell schlichtweg die Festgeldanlage bei internationalen Banken. Sollten diese ihre grundlegende Krise nicht bewältigen, stürzen auch die FinTechs irgendwann in eine erste tiefgreifende Krise. Außerdem ist es für Banken leicht, sich die Dienstleistungen der besten und beliebtesten FinTechs abzuschauen und in ihr eigenes Modell zu unternehmen. Dank der gigantischen Reichweite im Marketing, könnten die Bankhäuser also wieder aufholen.

Großbanken auf Aufholjagd

Zudem haben die Großbanken viel größere Ressourcen, um in Technologien zu investieren, die das Bankwesen tatsächlich revolutionieren können, während sich die bestehenden StartUp Finanzdienstleister vornehmlich in ein Geflecht verstricken, dass sie von den internationalen Banken abhängig macht. Laut einem aktuellen Bericht des Manager-Magazins beschreibt die Deutsche Bank die Blockchain als „eine der ersten wirklich disruptiven Ideen aus dem Fintech-Bereich“. Sogar die ehemalige JPMorgan Managerin Blythe Masters sorgt mit einem Blockchain Startup für Aufsehen und gibt zu verstehen, dass in weniger als zwei Jahren die Blockchain in jedem Bankhaus dieser Welt angekommen sein wird. Das und nichts Anderes könnte das Finanzwesen tatsächlich komplett umkrempeln. Neben dem nach wie vor erfolgreichen Bitcoin, ist beispielsweise auf Ethereum ein interessantes Projekt, das die Großbanken mit Argusaugen observieren. Solche Technologien ändern nicht nur die Art und Weise wie Geld verwaltet wird, sondern auch wie Geld entsteht.

In der Welt der Banken entsteht Geld heutzutage schlichtweg durch einen Buchungssatz bei der Kreditvergabe. Übrigens ist auch das ein Grund, wieso der Staat seine Schulden niemals tilgen werden kann.  Während Philosophen wie Aristoteles und Platon sich noch darüber den Kopf zerbrachen, ob der Geldwert durch den Metallwert der Münzen, oder aber durch den Nennwert, den der Staat per Erlass festlegt, entsteht, wird Geld heute durch Schulden „produziert“. Sobald eine Bank einem Privatkunden oder einem Staat einen Kredit vergibt, wird dieser Betrag dessen Konto gutgeschrieben. Eigentlich handelt es sich dabei jedoch nur um eine Forderung der Bank an den Kunden, die auf Bargeld lautet. Weil auf dem vergebenen Betrag Zinsen (und Zinseszinsen) veranschlagt werden, ist mehr Giralgeld entstanden als überhaupt Bargeld (Arbeitsleistung in der Gesellschaft) existiert. Ein System der Geldschöpfung, das nicht ewig gut gehen kann – schließlich muss die entstandene, exponentiell wachsende Schuld durch Privatleute und Unternehmen getragen werden.

Blockchain FinTechs als Revolution der Finanzwelt

Um auf das Beispiel Ethereum zurückzukommen: Gründer und Entwickler Vitalik Buterin war bereits zu Anfang des Projektes so interessant für die CIOs und CTOs der Großbanken und Fondsgesellschaften, dass sich diese bei einer Veranstaltung in der Schweizer Botschaft kleinlaut anhörten, wie seine Codezeilen ihre großen Imperien zukünftig überflüssig machen werden. Ebenso wie die beliebten Bitcoins, basiert auch Ethereum auf der Blockchain-Technologie. Der Unterschied: Ethereum ist keine reine Kryptowährung, sondern eine Plattform für Distributed Apps, die für sich genommen aus Smart Contracts bestehen.

FAZIT

Durch den Siegeszug erfolgreicher FinTech StartUps, wie beispielsweise dem Einlagevermittler „Weltsparen“, wird die Finanzbranche zwar agil, die Revolution des teils verkorksten Finanzsystems stellen die Unternehmen jedoch häufig nicht dar – jedenfalls mit einigen Ausnahmen: Gerade jene FinTechs, die ihren Fokus auf die Blockchain-Technologie setzen, werden langfristig sicher noch stärker an Bedeutung gewinnen. Die Großbanken sehen ihre noch bestehende Hegemonialstellung in Gefahr und arbeiten eifrig an neuen Methoden, deren Vordenker jedoch zumeist die innovativen StartUps sind. Höchstwahrscheinlich werden in Zukunft verschiedene Gruppen von FinTechs, die alle für sich unterschiedliche Bereiche im Finanzwesen abdecken, in Kombination der Geschäftsfelder ein hoch agiles Netz der Wertschöpfung und Finanzdienstleistungen darstellen.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

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Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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