Im Verlauf des Projekts habe ich viele Artikel über agile Führung und das Menschenbild Y geschrieben. Um diese Informationen zu vertiefen und zu verstehen, habe ich mich mit Ulf Brandes unterhalten. Er ist u. a. Autor des Buches Management Y: Agile, Scrum, Design Thinking & Co. Ulf Brandes integriert als Gründer und Führungskraft seit 20 Jahren erfolgreich Startup-Kulturen in etablierten Strukturen und übersetzt Chancen und Trends in tragfähige Geschäftsmodelle – für Neugründungen ebenso wie für Konzerne. Im Folgenden zeige ich die Zusammenfassung des Dialogs mit Herrn Brandes. Hierzu haben wir im Verlauf des Gesprächs immer wieder eine neue These zu agilen Unternehmen in den offenen Dialog gestellt und diese gemeinsam evaluiert.

NUR AGILE UNTERNEHMEN SIND ZUKUNFTSFÄHIG!

„Grundsätzlich müssen wir nicht zwingend agil arbeiten“, so Brandes. Jedoch ist er sich sicher, dass agile Unternehmen heute prinzipiell leistungsfähiger sind. Seit den 90er-Jahren ist Ulf Brandes als Führungskraft für namhafte Unternehmen tätig und hat sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen erlebt. Agilität — also die Kompetenz, in einer immer komplexeren Welt zu bestehen — erfordere neben Teamgeist und großer Disziplin laut Brandes insbesondere auch weichere, “menschliche” Fähigkeiten wie Empathie, verzeihen können, einander zu verstehen, Fehler zu erlauben.

Unternehmen den Einstieg in solche Arbeitsweisen zu erleichtern war Anlass für ihn, vor zwei Jahren das Buch „Management Y“ in die Welt zu bringen, das den Paradigmenwechsel von der alten Welt (Mensch ist Maschine und muss funktionieren) in eine neue Welt (Innovation, Vertrauen und gemeinschaftliche Kraft) behandelt.

MEHR MENSCHLICHKEIT IM MANAGEMENT!

„Lasst uns bei der Arbeit Menschen statt bloß Maschinen sein“, sagt Brandes. Er fordert, dass eine Führungskraft Menschen nicht optimiert, sondern menschliche Fähigkeiten wie die oben genannten fördern soll. Das Potenzial eines Menschen liege zum Großteil brach, wenn wir unsere Fähigkeiten auf Zahlen, Daten, Fakten, Egoismus und Durchsetzungsstärke reduzieren. Brandes kritisiert damit eine missverstandene Professionalität und Fixierung auf Zahlen in Unternehmen, die nach seiner Auffassung wenig Raum für menschliche Qualitäten — mit seinen Worten: menschliche Reife — lassen.

Management im Unternehmen muss Stabilität und Beweglichkeit gleichermaßen fördern können. Starre Hierarchien und ein traditionelles Verständnis von Professionalität erschweren das.

AUS X MACH Y! – DIE NEUE AGILE FÜHRUNG

Douglas McGregor’s “Theorie X” und “Theorie Y” stehen für zwei völlig unterschiedliche Menschenbilder, zitiert Brandes einen der Pioniere des modernen Managements. Während Theorie X davon ausgeht, dass ein Mitarbeiter grundsätzlich starke Anreize und Kontrolle benötigt, steht Theorie Y dafür, dass Mitarbeiter gute Beiträge zu etwas Großem leisten und etwas schaffen wollen. So stellt Brandes die Frage: „Dienen wir alle den Kunden oder steht der Mitarbeiter ganz unten und dient dem Management?“ Er veranschaulicht dies mit einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, die aus Mitarbeitern, Management und Kunden besteht. „Diese Pyramide kann also das Management oder den Kunden bedienen“, so Brandes.

Das ‘Y’ in Ulf Brandes’ Buch „Management Y“ steht für “Generation Y”, aber auch für “Theorie Y”. Theorie Y bedeutet, dass das Management den Mitarbeitern dient und Menschen grundsätzlich bereit sind, gute Beiträge zu etwas Großem zu leisten.

ES FINDET EIN UMDENKEN IN UNTERNEHMEN STATT!

Als Ulf Brandes Ende 2014 das Buch „Management Y“ veröffentlichte, war dieses Umdenken noch nicht so stark im Gange. In letzter Zeit habe sich hier jedoch vieles geändert hat: “Kein CEO, der heute nicht intensiv und sehr ernsthaft mit seiner Führungsriege über eine tiefgreifende Neuausrichtung der Arbeitsweisen im Betrieb nachdenkt. Ein Problem liegt vielfach jedoch im Mittelmanagement, das sich nachvollziehbarerweise in seinen Positionen und Kompetenzen gefährdet sieht. Ein anderes liegt oft in der Idee, Kultur könne man von oben herab verordnen.”

Ulf Brandes legt in seinem Buch und seinen Kulturwandelprogrammen für Unternehmen den Fokus darauf, kritische Themen im Unternehmen „besprechbar“ und Agilität „erlebbar“ zu machen. Er stellt fest, dass viele Methoden und Prozesse zwar in den Unternehmen angekommen sind, aber eigentlich noch gar nicht zielführend eingesetzt werden. Er führt als Beispiel moderne Arbeitsmethoden wie z. B. Retrospektiven oder das “World Café” an, die aktuell in vielen Organisationen das eigentliche Ziel dieser Methoden verfehlen, z.B. gemeinsam aus Fehlern zu lernen und offenen hierarchiefreien Gedankenaustausch zu fördern — weil sie mit Überzeugungen durchgeführt werden, die diesen Zielen entgegenwirken: etwa mit der Überzeugung, dass Fehler grundsätzlich bestraft werden müssten; oder dass man als Vorgesetzter grundsätzlich einen Wissensvorsprung haben müsse.

Ulf Brandes fragt sich, ob in Bereichen, wo Agilität gefördert werden soll, solche Überzeugungen noch hilfreich sind: So werden gute Methoden wie World Café, Retrospektiven oder auch Scrum und Design Thinking im Unternehmen schnell „verbrannt“, insbesondere wenn sie dann aus Angst vor Verletzlichkeit auch nicht offen und vom Herzen her – “von Mensch zu Mensch” durchgeführt werden, sondern nach Schema F und allzu “technisch”.

Ulf Brandes verweist in diesem Zusammenhang auf zahlreiche Ansätze, um Räume zu schaffen, die eigenen Überzeugungen — neudeutsch “mindsets” — mit den eigenen ehrlichen Wünschen abzugleichen, wie man eigentlich leben und arbeiten will.  

AGILER WANDEL BEGINNT BEI JEDEM SELBST!

„Der Wandel beginnt bei jedem selbst“, so Brandes. Es reiche nicht aus, wenn ein CEO einen Managementansatz oder gewünschte Verhaltensweisen an seine Manager delegiert. Mitarbeiter können solche Veränderungswünsche nur in ihren Arbeitsalltag übernehmen, wenn ihre Führung sie tatsächlich vorlebt.  Sonst steht die kommunizierte Wunschkultur — etwa innovativer zu werden — im Widerspruch zu dem, was die Führung am Ende des Tages tatsächlich honoriert und erwartet (etwa keine Fehler zu machen). Agilität persönlich vorzuleben ist meist schwerer als sie von Anderen zu verlangen, bestätigt Brandes, aber niemand muss perfekt sein; und Umdenken fällt naturgemäß selten leicht, das könne man mit Druck nicht wirklich beschleunigen, sondern eher mit Courage, Toleranz und Mut zu neuen Wegen.

Er zitiert einen Geschäftsführer, der seinen Mitarbeitern sagte: “Ihr wisst, ich bin nicht so [wie ich mir unsere Kultur vorstelle]. Aber Ihr sollt wissen, dass mir diese Kultur ernsthaft am Herzen liegt.” Ulf Brandes sieht hierin ein gutes Beispiel, wie Führung vorangehen und Menschen ehrlich mitnehmen kann. Die Ausbildung vieler Manager sei nun einmal stark vom Menschenbild “Theorie X” und anderen traditionellen Vorstellungen geprägt. Brandes empfiehlt, dass Führungskräfte zum Wandel einladen und den offenen Dialog darüber fördern sollen. “Wir tun uns alle dabei leichter, wenn wir uns von übertriebenem Perfektionismus verabschieden und lernen, unseren eigenen menschlichen Seiten im Arbeitsalltag mehr Raum zu geben”.

Zugleich gebe es für ihn bei aller Begeisterung für moderne Arbeitsweisen kein Dogma, also nicht allein “den einen einzigen” richtigen Weg: Jede Arbeitsweise habe ihre Berechtigung. “Nur ist nicht jede Arbeitsweise für jede Herausforderung geeignet. Gerade viele neue Herausforderungen, vor denen Unternehmen stehen, erfordern entsprechend neue Herangehensweisen, weil die alten Wege einfach nicht zum Ziel führen.”

In seinem Buch “Management Y” betrachtet Ulf Brandes den Kulturwandel anhand von vier spezifischen Kernfragen, die ihm dabei seit vielen Jahren sehr wesentlich sind. Entsprechend dieser vier Blickwinkel auf das gesamte Unternehmen zeigt er mit seinen Co-Autoren zahlreiche bewährte Ansätze aus der Praxis auf, mit denen Führungskräfte und Mitarbeiter auf allen Ebenen in erfolgreichen Unternehmen die Entwicklung neuer Arbeitsweisen beginnen und ein entsprechendes Umdenken fördern:

    • Kunden wirklich verstehen
    • Liefern, was wirklich gebraucht wird
    • Organisationen gemeinsam beleben
  • Menschen ehrlich begeistern

Im Buch finden Leser zahlreiche Links zur begleitenden Webseite http://management-y.de mit weiteren Informationen.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Vor 2022 habe ich zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

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Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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