Für viele Studenten ist die Abschlussarbeit anfangs ein Buch mit sieben Siegeln. Die Aufgaben sind klar: Forschung soll man betreiben und keine Hausarbeit schreiben und ein Thema finden auch noch? Ziemlich viel Aufwand! Ich möchte in diesem Artikel Grundlagen zu empirischer Forschung geben damit Sie verstehen: Was ist eigentlich Forschung?

Lesetipp: Thema finden

Es gibt viele Arten von Forschung. Ich befasse mich in diesem Artikel mit empirischer Sozialforschung, weil das für die Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftswissenschaft die dominierende Art und Weise ist. Die empirische Sozialforschung befasst sich hauptsächlich mit sozialen und humanen Sachverhalten (Döring und Bortz 2015). Anwendungsfälle sind im Kontext von Unternehmen und Gesellschaft:

  • Erforschung des Verhaltens
  • Erforschung des Tuns
  • Erforschung des Zusammenlebens
  • Erforschung des Erlebens von Menschen.

Forschung bedeutet Daten sammeln

Ihr Ziel ist es Sachverhalte wissenschaftlich zu untersuchen und sogenannte gesicherte Erkenntnisse zu erlangen. Um solche Sachverhalte zu untersuchen, müssen Sie empirische Daten durch Befragungen oder Interviews erheben. Diese sind definiert als:

Empirische Daten („empirical data“) sind gezielt im Hinblick auf das Forschungsproblem ausgewählte und dokumentierte Informationen über die Erfahrungswirklichkeit. Sie werden mit wissenschaftlichen Datenerhebungsmethoden (Beobachtung, Interview, Fragebogen, psychologischer Test, physiologische Messung, Dokumentenanalyse) unter Nutzung entsprechender standardisierter oder nicht-standardisierter Erhebungsinstrumente (Beobachtungsplan, Interviewleitfaden, Fragebogen, Messgerät etc.) gesammelt.“

Döring und Bortz (2015, S. 5)

Forschung bedeutet Daten strukturiert auswerten

Nun haben Sie Daten gesammelt und können damit Hypothesen oder Handlungsempfehlungen ableiten. Dies führen Sie mit einem methodischen Verfahren, welches Sie genau beschreiben aus der Akademie durch. Wenn Sie das tun, sprechen wir von wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Dieser ist wie folgt definiert:

„Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn („scientific knowledge gain“) basiert in Erfahrungswissenschaften wie den Sozial- und Humanwissenschaften auf der systematischen Sammlung, Aufbereitung und Analyse von empirischen Daten im Rahmen eines geordneten und dokumentierten Forschungsprozesses.“

Döring und Bortz (2014, S. 5)

Forschung bedeutet: sauber Daten erheben und diese nachvollziehbar auswerten

Natürlich kann die Erhebung von Daten und die Auswertung immer kritisiert werden. Vor allem in Unternehmen können sich Sachverhalte schnell ändern und Interpretationen sind nicht immer eindeutig. Es gilt deswegen gewisse Gütekriterien in der Forschung zu beachten. Diese sind laut Himme (2007):

  • Objektivität
  • Reliabilität
  • Validität

Das erste Kriterium ist Objektivität. Stellen Sie vor, dass verschiedene Forscher auch verschiedene Daten und Interpretationen zum gleichen Sachverhalt erheben könnten. Es gibt dazu zwei Arten. Auf der einen Seite die Durchführungsobjektivität. Damit ist die Erhebung der Daten gemeint: „Wie hoch ist die Chance, dass drei unabhängige Personen die gleichen Daten wie Sie erheben?“. Die zweite Art ist die Auswertungsobjektivität, also die Auswertung der Daten: „Wie hoch ist die Chance, dass drei Personen die Ergebnissen Ihrer Interviews gleich interpretieren?“ In der Objektivität geht es vor allem um Sie als Forscher und ihre Neutralität auf die Forschungsfrage.

Das zweite Kriterium ist Reliabilität. Es geht dabei um die Zuverlässigkeit Ihrer Ergebnisse. Wie lange sind diese stabil und sind diese bei wiederholter Messung immer gleich? In der Objektivität geht es vor allem um Ihre Forschungsmethode.

Die Validität auf die Gültigkeit und materielle Genauigkeit eines Messinstruments. Liefern Ihre Daten also wirklich qualifizierte Antworten auf die Forschungsfrage? In der Validität geht es vor allem Ihre Daten und die Auswertung.

Tipp: Diskutieren Sie in Ihrer Abschlussarbeit die drei Kriterien und limitieren Sie gerne auch.

Neben den genannten Kriterien gibt es natürlich noch zahlreiche weitere Nebenkriterien. Sie können diese auch beliebig definieren aber ich empfehle grundlegend in der ersten Forschungsarbeit erstmal mit den drei anzufangen. Weitere Beispiele sind laut Himme (2007) Normierung (Eichung), Ökonomie (Kosten) und Praktikabilität (Nützlichkeit) der Daten.

2 Beispiele für empirische Fosrchung

Ich möchte Ihnen zur Veranschaulichung zwei Beispiele geben. In Beispiel 1 möchten Sie mithilfe von Experteninterviews Konflikte in agilen Teams besser verstehen und Handlungsempfehlungen ableiten. Sie erheben also durch die Interviews Daten und werten diese aus. Die Auswertung ergibt Handlungsempfehlungen. Nun müssen Sie folgende Gütekriterien beachten:

  • Objektivität: Sie müssen die Ableitung der Handlungsempfehlungen sauber und nachvollziehbar durchführen. Es gilt diese auch auf die befragten Personen zu limitieren.
  • Reliabilität: Durch eine saubere Dokumentation Ihrer Forschungsmethodik und Ablauf der Befragung zeigen Sie eine hohe Reliabilität.
  • Validität: Sie könnten eine kurze abschließende Diskussion oder Bewertung der Handlungsempfehlungen durch die Probanden vornehmen lassen.

In Beispiel 2 möchten Sie durch eine Online-Befragung die Software und Hardware von IT-Dienstleistern erfahren. Sie basteln einen Fragebogen und schicken diesem an 40 IT-Experten. Nun müssen Sie folgende Gütekriterien beachten:

  • Objektivität: Machen Sie die Konstruktion des Fragebogens und die Ableitung durch statische Verfahren deutlich.
  • Reliabilität: Nutzen Sie ein klares und anerkanntes statistisches Verfahren.
  • Validität: Lassen Sie Probanden die Ergebnisse bewerten z.B. mit einer Skala 1-5) „stimme zu bis stimme nicht zu“.

Fazit

Ich habe in diesem Artikel die Frage: Was ist Forschung aufgegriffen. Ich hoffe, dass Sie den Unterschied zu einer Hausarbeit oder einen journalistischen Artikel fassen konnten. Es geht darum sauber Daten zu erheben und diese strukturiert und nachvollziehbar auszuwerten. Dies führt zu gesicherten Erkenntnissen. Damit Sie solche Erkenntnisse gewinnen, sollten Sie also im ersten Schritt ein Forschungsdesign konzipieren.

Lesetipp: Grundlagen eines Forschungsdesign

Gibt es noch Fragen?

Falls es noch Fragen gibt, habe ich zwei Tipps. Ich habe meine Erfahrung aus 5 Jahren in der Betreuung von Abschlussarbeiten im Buch: "Empfehlungen für die Bachelor- und Masterarbeit" zusammengefasst. Dieses gibt es bei Springer und Amazon seit August 2020. Das Buch ist ein offizielles Fachbuch und kann damit zitiert werden. Weiterhin können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.

Tipp: Ich vergebe auch über den Blog eine gratis Zertifizierung zum Digital & Agile Practioner!

Ansonsten vernetzen Sie sich gerne mit mir auf Xing, LinkedIn oder dem wissenschaftlichen Netzwerk Researchgate.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Ich habe zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.

Quellen

Döring, N., & Bortz, J. (2016). Wissenschaftstheoretische Grundlagen der empirischen Sozialforschung BT  – Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften. In N. Döring & J. Bortz (Eds.) (pp. 31–79). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41089-5_2

Himme, A. (2007). Gütekriterien der Messung: Reliabilität, Validität und Generalisierbarkeit BT  – Methodik der empirischen Forschung. In S. Albers, D. Klapper, U. Konradt, A. Walter, & J. Wolf (Eds.) (pp. 375–390). Wiesbaden: Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9121-8_25

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Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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