Unternehmen wachsen Jahr für Jahr – besonders deutsche KMU und Mittelstandsunternehmen können eines am besten: wachsen! Gerade dieses Wachstum bietet für Mitarbeiter große Chance wie z.B. Führungspositionen oder andere eher spezielle Karrierewege wie Quereinstiege. Gerade diese Chancen haben mich für KMU begeistert und ich habe bisher ausschließlich in KMU gearbeitet. Dort habe ich viel Wachstum mitbekommen und war immer froh, dass ich Teil dieses Unternehmens bin und zum Wachstum beitragen kann.
Doch ich merkte auch, dass Unternehmen am Wachstum zerbrechen können. „Die Zahlen sind super aber es nicht mehr so spannend dort zu arbeiten.“, sagten mir Angestellte. Ich habe gemerkt, dass je nach Wachstum unterschiedliche Krisen auftreten können. Welche diese sind und wie ein KMU diese bewältigen kann, zeige ich in diesem Artikel.
Tipp: Das Modell basiert auf den Ideen des Modells von Greiner. Dieses war mir allerdings zu einfach und es fehlen wichtige Aspekte. Weswegen ich mein eigenes Modell entworfen habe.

Limitierung: Es handelt sich hier um ein Modell aus meiner Erfahrung. Es soll die Realität einfach darstellen und als Orientierung dienen. Es kann auch sein, dass es sich bei jedem Unternehmen ein wenig unterscheidet. Ich möchte mit diesem Modell eine Orientierung geben. Es wurde nicht wissenschaftlich belegt sondern spiegelt meine Erfahrungen wieder.
Exkurs: Was sind KMU
KMU steht für kleine und mittlere Unternehmen. Es beinhaltet 99,3 Prozent aller deutschen Unternehmen (3,5 Mio). Es gliedert sich in:
- Kleinstunternehmen (bis 9 MA)
- Kleine Unternehmen (bis 49 MA)
- Mittlere Unternehmen (bis 249 MA)
- Großunternehmen (ab 250 MA bzw. oft auch ab 500 MA)
Die meisten Unternehmen – fast 85% sind Kleinunternehmen. Ich selbst habe aus den Erfahrungen meiner Forschung und auch der Erfahrung aus meinem Berufsleben als Unternehmensberater mich an der Definition orientiert aber auch meine eigenen Schwellenwerte hinzugefügt. Ich erkläre diese Werte im Verlauf des Artikels an den entsprechenden Stellen.
Klein und Stark (10 MA)
Das Unternehmen ist noch klein und nicht so alt. Alle kennen sich – die Dienstwege sind kurz. Man spricht viel miteinander. Besonders fällt mir auf: Jeder macht alles – Die Mitarbeiter sind vielfältig einsetzbar.
Die erste Krisen startet ab 10 Mitarbeitern. Die Gründer sind damit beschäftigt, die neuen Mitarbeiter zu leiten, so dass die strategische Planung auf der Strecke bleibt. Es kommt zur Führungskrise, denn es ist nicht mehr möglich alles persönlich abzusprechen. Diese Phase ist recht einfach. Es reicht den Mitarbeitern mehr Freiraum zu geben und eventuell recht lose Rollen zu definieren.
Führungskrise (50 MA)
Das Unternehmen zeigte seine Stärke vor allem durch Kreativität und den hohen Einsatz der ersten Mitarbeiter aus. Jeder lernte und macht alles. Hauptsache der Kunde ist zufrieden. Entscheidungen werden vor allem durch die Gründer getroffen und es herrscht an vielen Stellen kreatives Chaos.
Genau in diesem Punkt startet die erste Krise. Hier heißt es für die Gründer loszulassen. Das hochdynamische Zusammenspiel gerät ab 10 Mitarbeitern schon an erste Grenzen und kann bis 50 mit ersten Teamleitern (fachliche Führung) noch gehalten werden. Es zeigt sich die Notwendigkeit, erste Strukturen und Führungskräfte aufzubauen, da nicht mehr alles über die Schreibtische der Gründer allein laufen kann. Es wird eine Geschäftsleitung benötigt und 2-3 disziplinarische Führungskräfte. Darunter fallen nicht nur alle fachlichen Aspekte sondern auch „weiche“ Themen rund um die Qualifikation, Entwicklung und Betreuung der Mitarbeiter.
In dieser Phase liegt es an den Gründern loszulassen und Management Strukturen aufzubauen. Es ist viel Einwirkung auf die Gründer notwendig. Die Gründer können nicht mehr alle Informationen verarbeiten. Auch einige Mitarbeiter, welche nun nicht mehr alles mit den Gründern klären können, werden sich unwohl fühlen und sicher wird der eine oder andere wieder in ein kleines Unternehmen gehen.
Kulturkrise (100 MA)
Es verändert sich langsam aber kontinuierlich. Die größte Veränderung ist, dass nicht mehr jeder alles macht – sondern jeder hat sein spezielles Gebiet. Neue Mitarbeiter werden für spezielle Aufgaben gesucht und es gibt erste interne Teams wie Controlling und HR.
Durch die stattgefundene Spezialisierung der einzelnen Mitarbeiter kennen sich zwar noch alle aber die Informationen müssen nach ersten Prozessen entlang einer Kette gegeben werden. In dieser Phase verändert sich das Unternehmen spürbar am meisten:
- Es gibt einen Kampf im Unternehmen zwischen den neuen Mitarbeitern und den alten langjährigen Mitarbeitern. Sie finden Ihr Unternehmen und ihre Kultur geprägt durch Gründer nicht mehr so wieder wie früher. Es wird viel über früher geredet.
- Durch die neue Spezialisierung gibt es noch nicht genug Kräfte für alles – die Konsequenz bei internen Aufgaben: Keiner fühlt sich mehr verantwortlich. Das Unternehmen wird langsam und unflexibel.
Zwischen den beiden Kulturen ist Konkurrenz entstanden. Die Einheitlichkeit gegenüber dem Kunden geht verloren. Prozesse sind zwar definiert aber es herrscht Wildwuchs. Es gilt nun für die Gründer gute Führungskräfte einzusetzen, welche Prozesse und Werte des Unternehmens vermitteln und vertreten.
In dieser Phase verlieren Unternehmen leicht an Agilität, da es eine kritische Masse erreicht hat. Auch gibt es hier das Risiko, dass das Unternehmen durch den Kulturstreit in der Mitte auseinanderbricht. Oft kommen in der Phase auch externe Dienstleister hinzu, welche bei der Entwicklung der Organisation beraten. Es gilt die Kultur des Unternehmens gezielt zu verändern auch auch Traditionen zu wahren.
Bürokratisierung (250 MA)
Nun wurden erste komplette Aufgabenbereiche strukturiert. Die Konsequenz sind Abteilungen oder regionale Verantwortungen. Es bilden sich Profitcenter, Geschäftsfelder und erste Querschnittsfunktionen z.B. internes Prozessmanagement. Aufgrund des internen Chaos werden immer mehr Prozesse und Strukturen aufgebaut. Jeder optimiert seinen Bereich und es wird immer von Schnittstellen geredet.
Hier merken Unternehmen, dass trotz steigenden Umsatz der Gewinn etwas fällt. Es wird mehr formale Planung angewandt und neue Mitarbeiter zur übergreifenden Abstimmung eingestellt. Auch gewisse Funktionen werden zentral gesteuert und man muss sich an eine oft überlastete Stelle wenden, welche oftmals nicht in Time liefert.
Oftmals wird jedoch die Grenze des notwendigen überschritten. Das Unternehmen beginnt sich in der eigenen Bürokratie zu verfangen. Strukturen werden vom Vorstand fest vorgeben, Prozesse klar definiert und die Einhaltung kontrolliert. Dazu entwirft eine interne Stelle Handlungsanweisungen, Checklisten, Reportingvorlagen. Auch die die Führung nimmt einige Entscheidungen wieder an sich. Einheitlichkeit wird wieder gefordert.
Problem ist nur, dass standardisierte Prozesse das Unternehmen unbeweglich machen und oftmals eine Aufgabe länger diskutiert als erledigt wird. Entscheidungen orientieren sich häufig eher an Vorgaben und Prinzipien, denn am Kundennutzen. Viele Unternehmen verlieren an dieser Schwelle viele Mitarbeiter.
Der Markt fordert aber schnelle Entscheidungen und Mitarbeiter sind schnell frustriert. Natürlich ist eine gewisse Form der Bürokratie notwendig aber das Unternehmen hat gerade mal 250 Mitarbeiter und nicht 5000. Es gilt nun durch agile Methoden die starr gewordene Organisation aufzubrechen.
Silokrise (400 MA)
Nun wurden starke Abteilungen gegründet und langsam wird die Bürokratie aufgelöst und mehr Freiraum gegeben. Die Herausforderung besteht nun darin, dass die neuen Abteilungen, Bereiche und Geschäftsfelder weiterhin im Sinne des Unternehmens arbeiten und keine geschlossenen Silos aufbauen. Doch vor allen nach dem Bürokratie-Abbau wehren sich einige Mitarbeiter stark dagegen.
Zwischen den Abteilungen ist Konkurrenz entstanden. Die Einheitlichkeit gegenüber dem Kunden geht verloren und es beginnen Machtkämpfe. In dieser Phase ist der Gründer gefordert. Er muss nun starre Silos und kleine Königreiche, welche sich einige Abteilungsleiter über die Jahre hart aufgebaut haben wieder einreissen. Es folgt eine Auflösung der Silos und eine Durchmischung gemäß crossfunktionalen Abteilungen gemäß agiler Methoden. In der Phase müssen leider auch einige Führungskräfte entfernt werden und es sind laut meiner Erfahrung oft sogar langjährige Freunde des Gründers.
Erfolgt diese Änderung nicht, wird das Unternehmen immer bürokratischer und starrer, bis die Abteilungsleiter eine so hohe Autonomie haben, dass es so starke Silos gibt, welche nicht mehr steuerbar für den Gründer sind. Es ist nicht mehr klar wer was genau erledigt, da die Abteilungsleiter teilweise eine starke Intransparenz nach außen geschaffen haben.
In dieser Phase sind vor allem wieder Softskills wie soziale Kontrolle, Empathie und Selbstdisziplin wichtig, welche die formalen Prozesse ablösen. Die Lösung sind Problemlösungsorientierung, interdisziplinäre Teams, offene Treffen mit allen Verantwortlichen und Skills. Auch gut sind Vergütungsmodelle für ganze Gruppen statt nur ein gesamter Bonus. Besonders schwer ist diese Veränderung für alle, welche die formalen Prozesse mit aufgebaut haben.
Fazit
Das Wachstum eines KMU ist nicht einfach und es gibt viele Phasen. Als Gründer muss man ständig umschwenken und auch als Mitarbeiter viele Phasen Erleben. Jeder Mitarbeiter hat eine Form wo er sich am wohlsten fühlt bspw. kenne ich viele, welche nur im Sektor Autonomie und Chaos arbeiten und Firmen ab einer Größe von 100 Leuten immer verlassen.
Ich habe zur besseren Zusammenfassung nochmal die Phasen visualisiert und nach Führung und Bürokratie gegliedert. Klar: Nicht jedes Unternehmen durchläuft die Phasen so aber es ist doch eine klare Tendenz zu erkennen, dass es den meisten KMU denke ich so geht. Nehmen Sie das Bild gerne als Orientierung und ordnen Sie ihr KMU gerne dort ein.

Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/h%C3%A4nde-makro-pflanze-boden-wachsen-1838658/
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