Wir befinden uns in einer komplexen Umwelt mit schnellen und tiefgreifenden Veränderungen, welche in der aktuellen Literatur unter den Begriff der VUCA-Welt (dt. Volatibilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) zugefasst sind (Geissler 2016). Ein wesentlicher Treiber dieser Veränderungen ist laut Petry (2016, S. 11) die exponentielle technologische Entwicklung, welche u.a. mit den Schlagworten „digitale Transformation“, „digitales Zeitalter“ oder „digitaler Wandel“ beschrieben wird.
In Deutschland wird das Wirtschaftswachstum vor allem durch Konzerne und mittelständische „Traditionsunternehmen“ forciert, welche aufgrund ihrer Innovationsfähigkeit und Technologiekompetenzen eine wichtige Stütze sind (Ludwig et al. 2016). Behrendes et al. (2016) haben festgestellt, dass aktuelle klassische Ansätze in solchen Traditionsunternehmen nicht immer im Kontext des digitalen Wandels optimal sind. So empfiehlt Arnold (2016) die Werte dieser Traditionsunternehmen, also ihren Fokus auf nachhaltiges Unternehmenswachstum, langfristige und enge Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter, erfolgsversprechend in das digitale Zeitalter zu überführen. Die große Herausforderung dieses Wandels ist der Zielkonflikt zwischen der langfristigen Strategie der Traditionsunternehmen und der hohen Geschwindigkeit sowie Komplexität von Innovationen und Veränderungsprozessen des digitalen Wandels (Köffer & Urbach 2016).
Einen Ansatz, um auf die genannten „VUCA“ Charakteristiken des digitalen Wandels zu reagieren, sieht Geissler (2016) darin, die Fähigkeit eines Unternehmens, flexibel und schnell zu agieren, zu erhöhen. Auch Urbach und Ahlemann (2016) sehen gesteigerte Agilität als eine wichtige Voraussetzung für den digitalen Wandel in Traditionsunternehmen.
Konzepte um Agilität in Unternehmen zu fördern sind bereits zahlreich in akademischer Literatur vorhanden und viele „agile“ Fallbeispiele in schnell wachsenden Technologie Startups zu finden, welche sich mit agilen Methoden in den Markt der deutschen Traditionsunternehmen drängen (Oesterle 2016). Jedoch ist die Anwendbarkeit in „Traditionsunternehmen“ noch unzureichend geklärt, da in Startups kein vergleichbarer Wandel stattfindet und somit keine Übertragbarkeit garantiert werden kann (Oesterle 2016). Aus diesem Grund betrachtet diese Forschungsarbeit Agilität sowohl im Kontext des digitalen Wandels von deutschen Traditionsunternehmen.
Arnold (2016) empfiehlt eine Konzentration auf die wichtigen Bereiche von Unternehmen, denn nicht alle Bereiche müssen zwangsweise im Kontext des digitalen Wandels verändert werden und sicherlich werden viele Bereiche ohne gesteigerte Agilität weiterhin erfolgreich sein. Der Vergleich aktueller praktischer und übergreifender Rahmenwerke wie Holacracy (Robertson 2015), Management Y (Brandes 2014), evolutionäre Organisationen (Laloux 2016), Komplexithoden (Pfläging 2015) und Management 3.0 ( Appelo 2010) zeigt einen Fokus auf Struktur, Führung, Arbeit, Umfeld, Personalprozesse und Kultur von Unternehmen. Jedoch ist der Aspekt der Kultur in jedem der Unterpunkte enthalten und wird deswegen nicht einzeln untersucht. Außerdem finden sich zu den betrachteten Punkten zahlreiche weitere spezialisierte Rahmenwerke (Abbildung 1), welche unter den Schlagworten Digitale/Agile Führung, Arbeit 4.0, NewWork, FutureWork, Agile HR, VUCA etc. zusammengefasst sind. So limitiert sich die Betrachtung von Agilität in Traditionsunternehmen auf die genannten Bereiche.
Forschungsfrage: Welchen Einfluss hat der digitale Wandel auf die Agilität von IT-Unternehmen in den ausgewählten Spannungsfeldern Arbeit, Führung und Organisationsentwicklung.
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Verwendete Quellen anzeigenAppelo, J. (2010). Management 3.0: Leading Agile Developers, Developing Agile Leaders. Boston: Addison-Wesley Professional.
Arnold, H. (2016). Digitalisierung der Unter nehmensführung. Führung + Organisation, 5, 330–336.
Berendes, K., Kumpf, J., & Delarue, M. (2016). Strategische Personalplanung und HR Analytics. HMD Praxis Der Wirtschaftsinformatik, October(5), 10.
Bölzing, D. (2016). Digitale Transformation. Führung + Organisation, 2, 91–99.
Brandes, U., Gemmer, P., Koschek, H., & Schültken, L. (2014). Management Y (Vol. 53).
Geissler, P., & Kruse, P. (2015). Das vernetzte Unternehmen. Norderstedt: Books on Demand.
Grandpierre, D. A., Segle, P. D. T., & Zeiner, D. R. (2016). E-Health – Digital Leadership. Pharmind, 78(7), 939–948.
Köffer, S., & Urbach, N. (2016). Die Digitalisierung der Wissensarbeit – Handlungsempfehlungen aus der Wirtschaftsinformatik-Forschung. HMD Praxis Der Wirtschaftsinformatik, 53(1), 5–15.
Laloux, F. (2015). Reinventing Organisations. München: Vahlen Verlag.
Ludwig, T., Kotthaus, C., Stein, M., Durt, H., Kurz, C., Wenz, J., … Wulf, V. (2016). Arbeiten im Mittelstand 4.0 – KMU im Spannungsfeld des digitalen Wandels. HMD Praxis Der Wirtschaftsinformatik, 53(1), 71–86.
Oesterle, H. (2014). Business oder Life Engineering ? HMD Praxis Der Wirtschaftsinformatik, 51(November), 744–761.
Petry, T. (2016). Digital Leadership: Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy. München: Haufe Verlag.
Pfläging, N., & Hermann, S. (2015). Komplexithoden: Clevere Wege zur (Wieder)Belebung von Unternehmen und Arbeit in Komplexität. München: Redline Verlag.
Robertson, B. (2015). Holacracy: The New Management System for a Rapidly Changing World. New York: Macmillan USA.
Urbach, N., & Ahlemann, F. (2016). Der Wissensarbeitsplatz der Zukunft: Trends, Herausforderungen und Implikationen für das strategische IT-Management. HMD Praxis Der Wirtschaftsinformatik, 53(1), 16–28.