Ich werde oft nach Tipps und Tricks für das Finden eines Themas in der Promotion oder auch für eine Abschlussarbeit gefragt. Einige Guidelines zur Themenfindung habe ich bereits verfasst. Allerdings interessiert einige meiner Leser auch meine persönliche Geschichte. Ich möchte diese deswegen im Folgenden ausführen. Mein Thema ist übrigens: Auswirkungen der Digitalisierung auf KMU mit wissensintensiven Dienstleistungen – Ergebnisse empirischer Studien.
Lesetipp: Soll ich eine Doktorarbeit schreiben?
Lesetipp: Thema für Abschlussarbeit finden
Dabei habe ich mir im ersten Schritt Gedanken gemacht: Was will ich eigentlich tun? Anschließend habe ich Literatur gelesen und im dritten Schritt Praktiker befragt. So wollte ich einerseits sicherstellen, dass es genug Literatur gibt und andererseits, dass das Thema auch jemanden interessiert. Anschließend verliere ich noch ein paar Worte zur Umsetzung.
Schritt 0: Vorbereitung – „Was will ich eigentlich“ und Organisation.
Bevor ich die Promotion beginnen konnte, musste ich einen Doktorvater finden und auch einen Arbeitgeber sowie ein Thema. Ich möchte dazu meine Geschichte erzählen. Ich hatte das große Glück, dass ich bereits 1 Jahr bei einem Arbeitgeber war, welcher meine Promotion unterstützen wollte. Weiterhin habe ich meinen Doktorvater schon sehr gut gekannt und hatte theoretisch keinen Suchprozess. Wenn Sie allerdings dazu Tipps wollen dann schauen Sie mal ans Ende des Artikels.
Im ersten Schritt sagte mein Doktorvater zu mir, dass ich mich auf eine Richtung festlegen soll. Dabei soll ich ein Glas Wein nehmen und in Ruhe überlegen. Nachdem ich bereits lange Agilität als mein Hauptthema im Beruf und Studium hatte war das natürlich klar. Leider war Agilität als Thema schon recht erforscht und ich stellte fest, dass Agilität im Kontext der Digitalisierung allerdings fast neu erforscht wird. Ich hatte also die grobe Vision, dass ich die Auswirkungen der Digitalisierung erforschen möchte und als erstes Arbeitsthema im Kopf: Einfluss der Digitalisierung auf Agilität von Unternehmen.
Mein Tipp: Nehmen Sie für den Anfang einfach ein breites Thema, welches Ihnen Spaß macht.
Schritt 1: Theorie – Literaturanalyse zur Digitalisierung
Nun habe ich mir einen Suchstring gebaut und die gesamte Literatur zur Digitalisierung in übersichtliche Cluster zusammengefasst. Dazu habe ich mir die Titel, Abstracts und Schlagwörter von über 4000 Publikationen in akademischen Datenbanken angeschaut und diese ausgewertet. Dabei kam ich auf die 10 Themenfelder Industrie 4.0, Automatisierung, Arbeit, Führung, Agilität, Cloud Computing, Big Data, Innovation, Geschäftsmodelle und Globalisierung. Diese Themenfelder habe ich anschließend kurz beschrieben und auf 10 Powerpointfolien aufbereitet.
Mein Tipp: Schauen Sie sich in Ruhe in der Literatur um und fassen Sie diese zu Clustern zusammen. So erhalten Sie einen Überblick wo es ausreichend Literatur für eine Forschung gibt.
Die Studie dazu finden Sie bei Springer oder schon im Blog unter: Themenfelder der Digitalisierung.
Lindner, D., & Christian Leyh. (2019). Digitalisierung von KMU – Fragestellungen, Handlungsempfehlungen sowie Implikationen für IT-Organisation und IT-Servicemanagement. HMD – Praxis Der Wirtschaftsinformatik, 4, 21.
Schritt 2: Praxis – Roundtable zur Digitalisierung
Nun habe ich in meinem Umfeld nach Praxispartnern gesucht und diese gebeten mit mir in einem Roundtable diese Themen zu priorisieren und zu konkretisieren. Ich habe dabei einfach mir bekannte Manager von Unternehmen gefragt und auf Xing spannende Profile angeschrieben. Auch wurden mir einige weitere Teilnehmer empfohlen. Am Ende waren 12 Manager in einem Roundtable versammelt.
Als erstes habe ich mir eine Teilnehmerliste gemacht und mich gefragt: Wer ist eigentlich gekommen? In welche Schublade kann man diese Gruppierung stecken? Dabei wurde mir schnell bewusst, dass 10 der 12 Teilnehmer aus IT-Dienstleistern waren, welche sich als KMU klassifizieren. Ich habe deswegen mein Thema schnell erweitern können: Auswirkungen der Digitalisierung auf KMU mit wissensintensiven Dienstleistungen. Ich habe damals um Flexibilität zu behalten nicht IT-Dienstleister sondern wissensintensive Dienstleistungen genommen. Auch hätte ich ansonsten einige Praxispartner aus dem Roundtable ausschließen müssen.
Im Roundtable habe ich alle 10 Themenfelder kurz vorgestellt und dabei gefragt, welche von diesen spannend sind. Dabei war meine konkrete Frage: Was muss ich erforschen, damit Sie die nächsten 5 Jahre mit mir zusammenarbeiten wollen? Ergebnis war, dass die Teilnehmer sich Einzelstudien in den Bereichen Arbeit (getrennt nach Arbeitsplatz-IT und Arbeitsmodellen), Führung und Agilität wünschen. Als erste Studie sollte dabei Agilität erforscht werden. Anschließend habe ich mir die Wünsche der Teilnehmer noch genauer aufgeschrieben und den nächsten Roundtable geplant.
Mein Tipp: Fragen Sie in der Praxis, welche Themen aus der Literatur interessant sind. Dadurch stellen Sie Relevanz sicher und sichern sich ebenfalls die notwendigen Praxispartner.
Schritt 3: Umsetzung – auf den Schultern von Giganten
Nun sollte ich meine akademische Nische, Mentoren und Community finden. Dabei empfahl mir mein Doktorvater 3-5 Paper zu suchen, welche fast genau das tun, was ich auch tun möchte. Paper, welche mich begeistern und akademisch sind. So began meine Suche in den bereits identifizierten 4000 Papern und ich blieb bei 4 Beiträgen stehen:
- Bley und Leyh (2016): Digitalisierung: Chance oder Risiko für den deutschen Mittelstand? – Eine Studie ausgewählter Unternehmen
- Werth und Greff (2016): Consulting 4.0 – die Digitalisierung der Unternehmensberatung
- Urbach und Ahlemann (2016): Der Wissensarbeitsplatz der Zukunft: Trends, Herausforderungen und Implikationen für das strategische IT-Management
- Ludwig et al. (2016): Arbeiten im Mittelstand 4.0 – KMU im Spannungsfeld des digitalen Wandels
Dabei stellen Sie sich auf die Schultern von Giganten. Dabei heißt es in der Wissenschaftstheorie: „Ein Zwerg, der auf den Schultern eines Riesen steht, kann weiter sehen als der Riese selbst“. Quelle TUHH. In der Wissenschaft bauen also Wissenschaftler auf anderen Erkenntnissen auf.
Alle vier Artikel waren aus der HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik. Ich habe diese mehrmals gelesen und darauf vier Abstracts für Folgestudien aufgebaut, welche ich den Autoren gesendet habe. Alle Autoren waren sehr nett und es folgten insgesamt 4 Studien, welche ich mit jeweils einem der Autoren durchgeführt habe. Alle Autoren war sehr nett und haben mir viel beigebracht. Vorteil war auch, dass ich direkt Zugang zu erfahrenen Mentoren hatte und auch wusste in welchem Journal ich einreichen möchte. Ich möchte dafür noch einmal allen Co-Autoren danken. Somit war der Aufbau meiner Promotion wie folgt:
- Vorstudie zur Themenfindung (Literaturanalyse und Roundtable)
- Studie 1 bis 4 (Arbeitsmodelle, Arbeitsplatz-IT, Führung und Agilität)
- Abschließende Zusammenfassung der vier Studien (Generalisierung)
Mein Tipp: Suchen Sie sich, nachdem Sie recht ungefähr wissen, was Sie tun wollen, ähnliche Studien, welche Ihnen gefallen und arbeiten Sie mit den Autoren zusammen.
Schritt 4: Die Arbeit schreiben und abgeben
Nun müssen Sie alle Ergebnisse und Studien der letzten Jahre zusammenfassen und in ein 150-400 seitiges Dokument packen. Rechnen Sie ca. 12 Monate, da Sie diese Arbeit umfassend mit dem Doktorvater abstimmen und viele male ändern müssen. Wichtig ist, dass die Arbeit wie aus einem Guß wirkt. In dieser Phase heißt es: Schreiben und Durchhalten! Denken Sie auch dran: Jetzt zählt nur noch Ihr Doktorvater! Niemand anderes kann Ihnen Feedback geben, da er am Ende die Arbeit bewertet.
Mein Tipp: Kündigen Sie Netflix 😉
Tipp: Downloaden Sie sich meine Schritt für Schritt Anleitung für die Themenfindung.
Exkurs: Doktorvater und Arbeitgeber finden
Ich möchte in diesem Absatz abschließend für Sie Tipps geben zur Organisation der Promotion. Als erstes möchte ich etwas zum Doktorvater sagen und anschließend zum Arbeitgeber sowie die Frage: Soll ich promovieren beantworten.
Doktorvater finden
Wenn Sie einen Doktorvater finden wollen, dann schreiben Sie in jedem Fall ein Expose (1-3 Seiten). Inhalt ist das grobe Thema sowie Ihre Motivation. Dabei beantwortet diese Seite alle bekannten W-Fragen:
- Wer schreibt diese Promotion?
- Was möchte ich bearbeiten?
- Wann möchte ich welche Schritte tun?
- Wo möchte ich diese Promotion schreiben (Forschungsbereich)?
- Warum möchte ich diese Promotion?
- Wie möchte ich Vorgehen?
- Wozu möchte ich das Thema erforschen?
Nun können Sie dieses Expose an verschiedene Professoren senden mit einer klassischen Bewerbung (u.a. Lebenslauf). Sie können sich entscheiden ob Sie intern oder extern promovieren wollen. Ich selbst war extern am Lehrstuhl und kann nur Tipps dazu geben. Einen guten Artikel zur internen Promotion finden Sie im Doktorandenforum. Meine Tipps zur Bewerbung der externen Promotion sind allerdings folgende:
- Schauen Sie speziell nach Lehrstühlen, welche schon externe Doktoranden haben
- Das Thema sollte den Professor gefallen und auch zum Lehrstuhl passen
- Sie werden den Professor alle 2-3 Monate treffen. Es ist also egal ob er in 100KM Entfernung lebt oder nicht. Bewerben Sie sich ruhig deutschlandweit.
Arbeitgeber bei externer Promotion finden
Beim Arbeitgeber ist die Sache etwas schwerer. Es gibt bei Konzernen oft Doktorandenprogramme, welche eigentlich ganz OK sind. Zumindest erfahre ich es so von Kollegen. Sie können also auch danach Ausschau halten.
Auch im Mittelstand finden sich oft flexible Arbeitsmodelle. Sprechen Sie dazu einfach Ihren Vorstand an. Meist findet sich bei längerer Zugehörigkeit ein guter Kompromiss. Bedenken Sie aber, dass Sie dann eine weitere Partei im Boot haben.
Ich empfehle alternativ, dass Sie erstmal Ihre Arbeit auf 32h reduzieren und einfach mal mit der Promotion beginnen. Mit einen guten Gehalt in der IT lebt es sich trotzdem noch gut. Mit 2-3 Tagen Aufwand pro Woche (freier Tag + Sonntag) kommen Sie i.d.R. gut voran. Rechnen Sie auch mit einigen kurzen Nächten vor Paperdeadlines etc.
Soll ich eine Promotion machen?
Nun fragen Sie sich sicher: Soll ich eine Promotion machen neben meinen Job? Die Frage ist eigentlich recht leicht zu beantworten. Stellen Sie sich mal folgende Fragen:
- Bin ich bereit auf Karriere zu verzichten für 5 Jahre?
- Bin ich bereit auf Geld zu verzichten für 5 Jahre?
- Möchte ich ein Thema 5 Jahre bearbeiten?
- Möchte ich wissenschaftliche Arbeit wirklich lernen?
- Habe ich den eisernen Willen die Promotion durchzuziehen?
- Will ich die Promotion wirklich nicht nur wegen dem Titel?
- Bin ich bereit auf meine Hobbys und Nebentätigkeiten zu verzichten?
Eine Doktorarbeit sorgt aufgrund der geringeren Leistungsfähigkeit im Job oft etwas zu einem Stillstand der Karriere. Es ist fast unmöglich tagsüber im Job 300% zu geben und Abends dann noch in der Promotion zu arbeiten. Sie müssen also etwas zurückschalten. Auch brauchen Sie Hilfe durch Freelancer (Lektorat oder Transkripte) um Zeit neben den Job zu haben. Sie müssen auch die Kosten der Konferenzen selbst bezahlen. Auch wird die Promotion viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich habe z.B. in den drei Jahren keine Serien geschaut und hatte auch keine direkten Hobbys außer ein wenig Fitness. Sie müssen sich vollkommen auf diese Arbeit fixieren.
Sind Sie also bereit für diese zusätzliche Ausbildung 5 Jahre auf Karriere und Geld zu verzichten damit Sie anschließend lebenslang Vorteile genießen können? Falls Sie das mit Ja beantworten, dann fangen Sie heute mit ihrer Bewerbung an!
Gibt es noch Fragen?
Falls es noch Fragen gibt, habe ich zwei Tipps. Ich habe meine Erfahrung aus 5 Jahren in der Betreuung von Abschlussarbeiten im Buch: "Empfehlungen für die Bachelor- und Masterarbeit" zusammengefasst. Dieses gibt es bei Springer und Amazon seit August 2020. Das Buch ist ein offizielles Fachbuch und kann damit zitiert werden. Weiterhin können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.
Tipp: Ich vergebe auch über den Blog eine gratis Zertifizierung zum Digital & Agile Practioner!Ansonsten vernetzen Sie sich gerne mit mir auf Xing, LinkedIn oder dem wissenschaftlichen Netzwerk Researchgate.Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Ich habe zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.
Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.
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