Im Zuge meiner Forschung führe ich die Roundtables zu Agilität durch und werte diese sehr umfangreich aus. Ich möchte im folgenden einige Tipps geben, wie erfolgreich eine Gruppendiskussion durchgeführt werden und wie auch eine Auswertung erfolgen kann.

Die Methode Gruppendiskussion

Speziell in einer Gruppendiskussion können schneller Ergebnisse als in Einzelinterviews gewonnen werden und insbesondere der Meinungsaustausch der Teilnehmer untereinander kann ein breiteres Verständnis der Argumente hervorrufen. Das Ziel dieser Methode liegt außerdem in der kollektiven Entscheidungsfindung. Zur besseren Konsensfindung habe ich in einem Paper von Prifiti et al. (2017) eine Unterart, also die Fokusgruppendiskussion als Methode gefunden. Zur Evaluation wird auf eine sogenannte Fokusgruppe aus gleichwertigen und streng ausgewählten Experten setzt. Aus diesem Grund wurden die Teilnehmer gezielt aus KMU oder Konzernen gewählt oder wie im 4. Roundtable eben nur Manager aus dem Projektmanagement Bereich.

Alireza et al. (2017) sehen neben der Auswertung der Sprache ebenfalls die Interaktionen der Teilnehmer als eine wichtige Quelle zur Informationsgewinnung an. So können längere Stille, auffällige Gesten (Nicken, runzeln der Stirn etc.), Wut, Sarkasmus sowie die auffällige Zustimmung ebenfalls Erkenntnisse im Sinne der Gruppendiskussion zulassen. Somit wurde neben der Audioaufnahme ebenfalls ein Protokoll geführt, jedoch nur über Gesten.

Lesetipp: Buch zur Methode

Einladung der Teilnehmer

Da ich auf eine Fokusgruppe gesetzt habe, habe ich die Teilnehmer gezielt aus KMU oder Konzernen gewählt. außerdem habe ich einen Vertreter der Gewerkschaft eingeladen um auch die Arbeitnehmerseite zu repräsentieren. Die Teilnehmer wurden gezielt auf Basis bereits vorhandener Kontakte oder Empfehlungen meiner Kontakte und einer Xing-Premiumsuche eingeladen. Die Probanden mussten sich neben einer leitenden Tätigkeit ebenfalls seit mindestens 3 Jahren im aktuellen Unternehmen befinden, um fundierte Aussagen zum Unternehmen treffen zu können.

Lesetipp: Umgang mit Xing

Moderation der Gruppendiskussion

Die Fragen in der Fokusgruppendiskussion wurden sehr offen gestellt, um aus den Dialogen Annahmen für die Forschungsfrage ableiten zu können. Beispielhaft stehen folgende Fragen für die Moderation der Diskussion: Was bedeutet für Sie eine gute Führung, Was verbinden Sie mit Digital Leadership und welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für sich als Führungskraft? 

Oft habe ich auch immer Thesen vorbereitet wie: „Der Erhalt von Steuerbarkeit und Kontrolle ist eine Hauptaufgabe der Führungskraft in agilen Teams.“ Jede These habe ich mit einer Timebox versehen. Zum Beispiel haben wir 60 min über Führung geredet. Pro These hatten wir 15 min Zeit. So wurden nur die wichtigsten Punkte erwähnt und der Dialog konnte nicht abdriften.

Ingesamt gibt es zwei Arten der Moderation. Die Entscheidung richtet sich nach der Tatsache, ob Sie ein spezielles Fokusthema wie z.B. Softksills in der Führung virtueller Teams (strukturiert) oder ein eher breites Thema z.B. Führung im Zeitalter der Digitalisierung (selbstläufig) haben.

  • Strukturierte Form: enge Themenbegrenzung, ausgearbeitete Fragen und leitender Moderator,
  • Selbstläufige Form: kaum Themenbegrenzung, kaum Leitfaden, zurückhaltende Moderation.

Lesetipp: Moderation Tipps

Inhalt der Gruppendiskussion

Den genauen Inhalt der Fragen richtet sich natürlich nach Ihrer Forschungsfrage. Jedoch sollten Sie die Art der Fragestellung genau konzipieren. Dabei haben Sie in der Regel Hypothesen aufgestellt, welche Sie überprüfen wollen. In einer quantitativen Befragung versuchen Sie dabei diese Thesen durch konkrete Zahlen belegen. In der qualitativen Gruppendiskussion wollen Sie allerdings die Thesen besser verstehen. Beispiele für Thesen sind:

  • Ab einer Teamgröße von 12 Personen ist die Methode Kanban besser als Scrum geeignet.
  • In KMU ist wegen der geringen Prozesslandschaft Kanban effizienter als Scrum.

Dabei leiten Sie pro Hypothese eine Frage ab. Sie wollen dabei wissen: Stimmen Sie dieser These zu und warum? Auch können Sie die Thesen durch offene Frage untermauern und so Hintergrundinformationen zu den Thesen liefern z.B. „Wie ist Ihre Meinung zu Kanban?“ In einer Abschlussarbeit reichen in der Regel 5-10 Fragen. Wichtig ist dabei, dass Sie immer einen Konsens erreichen, also eine Aussage, welcher die Gruppe durch schweigen, nicken oder sprachlich („genau“, „stimmt“,…) zustimmt.

Lesetipp: Thesen aufstellen

Auswertung der Gruppendiskussion

Der Roundtable war auf zwei Stunden angesetzt und wurde vollständig mithilfe der Software „f4“ transkribiert. Im Grunde hört man sich Minute für Minute an und mithilfe eines Pedals kann man die Aufnahme anhalten und fortsetzen. Man schreibt also synchron zur Aufnahme. Für 4h Roundtable brauche ich im Schnitt 18 – 20h um diese abzutippen. Ich bin den Regeln von Kuckartz et al. 2008 vorgegangen, was eine leichte Glättung der Sprache erlaubt. So werden z.b. Füllwörter wie „äh“ o3 starke Versprecher geglättet.

Aus den Dialogen wurden anschließend einerseits Treiber und anderseits Annahmen der Teilnehmer abgeleitet und geprüft, ob diese die theoretische Literatur bestätigen. Die Gruppendiskussion wurde dazu geclustert. Einzelne Argumente wurden nicht beachtet, sondern nur Argumente, welche mindestens durch vier Personen im Konsens bestätigt oder abgelehnt wurden. Zur Clusterung wurden insbesondere die Aussagen mit Fokus auf die Kernthemen berücksichtigt. Themen mit sehr geringer Gesprächszeit wurden vernachlässigt.

Lesetipp: Buch zur Auswertung

Fazit: Tipps zur Gruppendiskussion

Die Methode war für meine Forschung sehr gut geeignet und fokussiert sich auf Konsensmeinungen. Ich habe die Methode noch konkreter durch die Fokusgruppe angewandt und so einfacher Konsensmeinungen bekommen. Die Vorbereitung und Auswertung nimmt eine hohe Zeit in Anspruch, weswegen jede Gruppendiskussion ordentlich vorbereitet und geplant werden muss. Meine Tipps sollten eine erste Orientierung zur Methodik geben. Schauen Sie auf jeden Fall auch in meine weiteren Buchtipps!

Tipp: Vergessen Sie nicht Ihre Methodik sauber zu limitieren.

Gibt es noch Fragen?

Falls es noch Fragen gibt, habe ich zwei Tipps. Ich habe meine Erfahrung aus 5 Jahren in der Betreuung von Abschlussarbeiten im Buch: "Empfehlungen für die Bachelor- und Masterarbeit" zusammengefasst. Dieses gibt es bei Springer und Amazon seit August 2020. Das Buch ist ein offizielles Fachbuch und kann damit zitiert werden. Weiterhin können Sie mich gerne mal anrufen. Hierzu einfach im Buchungssystem nach einen freien Termin schauen. Ich nehme mir jeden Monat einige Stunden Zeit um Studenten zu helfen.

Tipp: Ich vergebe auch über den Blog eine gratis Zertifizierung zum Digital & Agile Practioner!

Ansonsten vernetzen Sie sich gerne mit mir auf Xing, LinkedIn oder dem wissenschaftlichen Netzwerk Researchgate.

Genderhinweis: Seit Anfang 2022 achte ich darauf, dass ich immer genderneutrale Formulierungen verwende. Ich habe zur leichteren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Sofern keine explizite Unterscheidung getroffen wird, sind daher stets sowohl Frauen, Diverse als auch Männer sowie Menschen jeder Herkunft und Nation gemeint. Lesen Sie mehr dazu.

Rechtschreibung: Ich führe diesem Blog neben dem Job und schreibe viele Artikel in Bahn/Flugzeug oder nach Feierabend. Ich möchte meine Gedanken und Ansätze als Empfehlungen gerne teilen. Es befinden sich oftmals Tippfehler in den Artikeln und ich bitte um Entschuldigung, dass ich nicht alle korrigieren kann. Aber Sie können mir helfen: Sollten Sie Fehler finden, schreiben Sie mich gerne an! Lesen Sie mehr dazu.

Verwendete Quellen anzeigen

Alireza, N., Tate, M., Johnstone, D., & Gable, G. (2014). A Framework for Qualitative Analysis of Focus Group Data in Information Systems. 25th Australasian Conference on Information Systems, 40(Belanger 2012). Retrieved from http://aut.researchgateway.ac.nz/handle/10292/8063

Kuckhartz, U., Dresing, T., Rädiker, S., & Stefer, C. (2008). Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Prifti, L., Knigge, M., Kienegger, H., & Krcmar, H. (2017). A Competency Model for “ Industrie 4 .0 ” Employees. In 13th International Conference on Wirtschaftsinformatik (pp. 46–60).

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Autor

Ich blogge über den Einfluss der Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt. Hierzu gebe ich Inhalte aus der Wissenschaft praxisnah wieder und zeige hilfreiche Tipps aus meinen Berufsalltag. Ich bin selbst Führungskraft in einem KMU und Ich habe berufsgeleitend an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für IT-Management meine Doktorarbeit geschrieben.

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