Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juni 2025 müssen öffentliche Stellen sowie Unternehmen ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten. Dieser Schritt ist notwendig, um sicherzustellen, dass alle Menschen – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten – gleichberechtigt auf digitale Inhalte zugreifen können. Webseiten, Apps und andere digitale Dienste müssen demnach so entwickelt werden, dass sie von Nutzern mit unterschiedlichen Einschränkungen problemlos genutzt werden können. Die technische Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die sowohl die Gestaltung der Inhalte als auch die zugrunde liegende Technologie betreffen. Verschiedene Standards und Technologien helfen dabei, die Anforderungen des neuen Gesetzes zu erfüllen und eine gleichberechtigte digitale Teilhabe zu ermöglichen.
Was umfasst die digitale Barrierefreiheit?
Digitale Barrierefreiheit bezieht sich auf die Gestaltung von digitalen Produkten und Dienstleistungen, die für alle Menschen, unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen, zugänglich sind. Das umfasst Webseiten, Apps, digitale Dokumente und Multimedia-Inhalte. Diese digitalen Angebote müssen so gestaltet sind, dass sie von Menschen mit Sehbehinderungen, Hörbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen genutzt werden können.
Für eine barrierefreie digitale Welt sind also verschiedene Maßnahmen erforderlich. Dazu zählen unter anderem die Verwendung von Screenreadern, die Optimierung der Navigation über Tastatur, die Bereitstellung von Alternativtexten für Bilder sowie die Anpassung von Inhalten für Nutzer mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen.
Rechtliche Aspekte und gesetzliche Vorgaben
In Deutschland regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) die Anforderungen an die digitale Zugänglichkeit öffentlicher Stellen. Es setzt die EU-Richtlinie 2016/2102 um, die fordert, dass öffentliche Webseiten und mobile Anwendungen von Behörden und anderen öffentlichen Stellen barrierefrei gestaltet werden müssen.
Öffentliche Stellen sind verpflichtet, ihre Webseiten und Apps barrierefrei zu gestalten und regelmäßig auf ihre Zugänglichkeit zu überprüfen. Zudem müssen die Stellen eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlichen, in der sie die erreichten Barrierefreiheitsstandards darlegen. Ein weiteres zentrales Element des BFSG ist die Schaffung eines Beschwerdeverfahrens, das es Nutzern ermöglicht, Barrieren in digitalen Angeboten zu melden.
Die EU-Web-Richtlinie verpflichtet auch Unternehmen im privaten Sektor dazu, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten, wenn sie Dienstleistungen im öffentlichen Raum anbieten. Diese gesetzliche Regelung sorgt dafür, dass die digitale Teilhabe nicht nur in öffentlichen Einrichtungen, sondern auch in privaten Unternehmen eine immer größere Rolle spielt.
Die Rolle von Accessibility-Tests und Audits
Zur Gewährleistung der digitalen Inklusion sind regelmäßige Accessibility-Tests und Audits notwendig. Diese Tests dienen dazu, Schwachstellen in der Barrierefreiheit von digitalen Produkten zu identifizieren und die Benutzererfahrung für Menschen mit Einschränkungen zu optimieren. Dabei werden sowohl manuelle Tests durch Fachleute als auch automatisierte Tools verwendet, um die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards zu überprüfen.
Accessibility-Audits sind umfassende Prüfungen, die die gesamte Barrierefreiheit eines digitalen Produkts bewerten. Sie umfassen technische sowie gestalterische Aspekte und liefern Handlungsempfehlungen, wie die Inklusion verbessert werden kann. Audits helfen also nicht nur dabei, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch, das Nutzererlebnis zu verbessern und die Zugänglichkeit für alle Menschen zu fördern.
Technologische Aspekte und Frameworks
Bei der technischen Umsetzung kommen verschiedene Technologien und Standards zum Einsatz, die maßgeblich zur Verbesserung der digitalen Inklusion beitragen. Zu den wichtigsten gehören HTML5, ARIA und die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines).
HTML5
Die neueste Version von HTML stellt sicher, dass Webseiten strukturell so aufgebaut sind, dass sie von Screenreadern und anderen assistiven Technologien leicht gelesen werden können. HTML5 umfasst zahlreiche Elemente, die eine bessere semantische Struktur ermöglichen, wie z. B. article, section oder nav, die den Inhalt einer Seite klar gliedern.
ARIA (Accessible Rich Internet Applications)
ARIA ist eine Sammlung von Attributen, die auf HTML-Elemente angewendet werden können, um ihre Funktionalität und Bedeutung für assistive Technologien zu definieren. ARIA ermöglicht es, dynamische Inhalte und komplexe Benutzeroberflächen wie Formularfelder oder interaktive Elemente zugänglich zu machen, die in herkömmlichem HTML nicht ausreichend beschrieben werden können.
WCAG (Web Content Accessibility Guidelines)
Die WCAG bieten eine Reihe von Richtlinien, die darauf abzielen, die Barrierefreiheit von Webinhalten zu verbessern. Sie decken alle Aspekte der Webgestaltung ab, von der Textgröße bis hin zur Interaktivität und unterstützen Entwickler dabei, digitale Produkte zugänglich zu machen. Die WCAG bestehen aus drei Konformitätsstufen (A, AA, AAA), die die Einhaltung verschiedener Anforderungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit definieren.

Schritte zur Umsetzung digitaler Inklusion
Die Implementierung erfordert einen strukturierten Prozess. Die folgenden Schritte sind dabei unumgänglich:
- Planung und Sensibilisierung: In dieser Phase wird die Bedeutung von Barrierefreiheit erkannt und ein Bewusstsein für die Anforderungen geschaffen.
- Anforderungsanalyse und Zieldefinition: Es wird festgelegt, welche spezifischen Anforderungen bestehen und welche Standards erfüllt werden sollen.
- Gestaltung und Entwicklung: Bei der Gestaltung und Entwicklung von digitalen Produkten wird auf barrierefreie Technologien und Designrichtlinien geachtet.
- Testing und Audits: Die barrierefreie Umsetzung wird durch Tests und Audits überprüft, um mögliche Schwachstellen zu identifizieren und zu beheben.
- Kontinuierliche Verbesserung: Die digitale Zugänglichkeit muss kontinuierlich überprüft und verbessert werden, um neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Die technische Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit ist eine fortlaufende Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit von Entwicklern, Designern und Nutzern erfordert. Nur so kann gewährleistet werden, dass digitale Angebote für alle Menschen inklusiv sind.
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