Erst belächelt, dann gefürchtet und letztlich übernommen – die Geschichte von Containern weist einen Spannungsbogen auf, der für erfolgreiche Erfindungen typisch ist. Aus der historischen Vogelperspektive betrachtet war die Einführung von Containern für den Gütertransport eine Schlüsseltechnologie der Globalisierung. Die einfache, modulare Bauweise prädestiniert Container für die Verknüpfung mit zeitgemäßen digitalen Technologien.

Inzwischen geht das Anwendungsspektrum von Containern weit über die Lagerung und den Transport von Waren hinaus. Mehr noch: Das flexible, modulare Grundprinzip, eine Ladung unter zahlreichen Einheiten zusammenzufassen, hat sich im IT-Wesen als Containerisierung durchgesetzt. Bei diesem Ansatz lassen sich mehrere Softwarepakete in einem Betriebssystem aufschichten.

Das System erlaubt die Verschiebung einer Anwendung in jeder Umgebung, sodass das Prinzip der Standardisierung zur Geltung kommt. Agile Unternehmen lieben Module, sodass es sich lohnt, sich ausführlicher mit dem analogen Vorbild auseinanderzusetzen.

Effizienter Warentransport mit Modulen

Ein Vorteil von Containern ist ihre Vielseitigkeit. Ihr quaderförmiger Aufbau ist die Grundlage für die Modularisierung. Müssen Waren verschiedener Typen transportiert werden, kann jedes Gut unabhängig von seiner Art in einem Container aufbewahrt werden. Die einzelnen Container stellen als zerlegbare Einheiten die Module dar, die sich beliebig miteinander verknüpfen lassen. Gesteigert wird diese Flexibilität dadurch, dass die Container stapelbar sind, den Lagerraum effizient ausnutzen und leicht zu handhaben sind.

Außerdem unterliegen Container einem internationalen Normierungsverfahren, sodass sich Spediteure darauf verlassen können, dass jede Verladestation über die entsprechenden Geräte wie Containerbrücken, Reach-Stapler, Straddle-Carrier, Gantry-Kräne und Flurförderzeuge verfügt. Weiterhin sind die meist aus einem einschaligen Stahlblech gezimmerten Container äußerst robust. Sie können bis zu 25 Jahre halten, sodass der Bedarf auch für gebrauchte Seecontainer und andere Containerarten hoch ist.

Geburtsstunde der Containerschifffahrt

Vor der Einführung von Containern musste jede Ware als Stückgut einzeln verpackt werden. Mögliche Verpackungsarten wie Paletten, Säcke, Kisten, Fässer und Ballen gab es wie Sand am Meer, was den Verladearbeitern an Häfen, Flughäfen und Bahnhöfen die Löschung erschwerte. 

Das tagelange Warten am Hafen war für den Spediteur Malcom McLean aus North Carolina ein ständiges Ärgernis. Es motivierte ihn dazu, nach effizienteren Transportsystemen zu forschen. Er erfand das Prinzip standardisierter Großbehälter und wandte 1956 auf seinem umgebauten Transportfrachter „Ideal X“ mit 58 stapelbaren Stahlkisten erstmals an.

Gleichzeitig stellte er Berechnungen an und kam zum Ergebnis, dass der Hafenaufenthalt für die „Ideal X“, den er zudem in nur wenigen Stunden abschließen konnte, mit 1.600 US-Dollar sehr viel günstiger als vorher war. Davor musste er mit Kosten von durchschnittlich 15.000 US-Dollar rechnen. Dieses Ergebnis ist umso spektakulärer, wenn man bedenkt, dass die Häfen damals noch nicht auf die Containerverschiffung eingestellt waren und sämtliche Frachten mit ihren herkömmlichen Methoden löschen mussten.

Europäische Nachzügler

Interessanterweise hat es nach der Jungfernfahrt der „Ideal X“ rund zehn Jahre gedauert, bis mit der „Fairland“ das erste Containerschiff aus Übersee in einem deutschen Hafen (Bremen) angelegt hatte. Tatsächlich waren die Reaktionen in Europa auf die Erfindung verhaltener als in den Vereinigten Staaten.

Der Erfolg des Patents blieb den Spediteuren natürlich nicht verborgen und sie fürchteten, von der amerikanischen Konkurrenz verdrängt zu werden. Ende der 1960er-Jahre erschienen in Deutschland Artikel mit Titeln wie „Gefährliche Kiste“ (Spiegel) und „Sarg für deutsche Reeder“ (Zeit), in denen deutsche Reeder Weltuntergangsszenarien an die Wand malten und ein europäisches Hafensterben prognostizierten.

Module regieren die Welt

Warum es nicht dazu kam, lag daran, dass europäische Spediteure ihre Schockstarre allmählich ablegen konnten und begannen, die Umstellung der Hafenanlagen auf die Bedürfnisse der Containerschifffahrt und damit auf die notwendige Transformation zu forcieren. So profitierten sie ebenfalls von den enormen Zeit- und Kostenvorteilen und stärkten ihren jeweiligen Standort. 

Container haben den Warentransport rationalisiert und attraktiver gestaltet, sodass die Globalisierung an Fahrt aufnehmen konnte. Heute hat sich die Containerschifffahrt endgültig durchgesetzt.

Weitere Nutzungsmöglichkeiten wie stationäre Lagerräume, Tiny Houses, vertical Gardening und provisorische Unterkünfte erweitern den Anwendungsbereich von Containern weiterhin. Das modulare Prinzip hat sich nicht nur im Bereich der Logistik durchgesetzt, sondern gehört auch zu den wesentlichen Erfolgsrezepten moderner IT. Die Erfolgsgeschichte von Containern erinnert uns daran, dass einfache Lösungen oft die Besten sind. Alexei Leonidowitsch Paschitnow, der Erfinder von Tetris, hat dies ebenfalls gewusst. 

Bildquelle: Ian Taylor auf Unsplash.com – https://unsplash.com/de/fotos/blaues-und-rotes-frachtschiff-tagsuber-auf-see-jOqJbvo1P9g

Autor

Nach ihrem Studium im Jahr 2017 hat Anna eine Karriere in einer großen Unternehmensberatung im Bereich Organisationsentwicklung begonnen. Sie beschäftigt sich intensiv mit Veränderungsprozessen und dem Coaching von Mitarbeitenden im Change-Management.

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