»Was ist Design-Thinking?«, fragen mich die Manager. »Unsere Denkweise, die Denkweise der Designer«, antworte ich. Das mag vielleicht zunächst nur von mäßigem Informationsgehalt sein, doch ist es wesentlicher Kern für alles Weitere. Designer, wie auch Forscher, Philosophen, Regisseure, Erfinder, etc. denken anders als Rechtsanwälte, Ingenieure, Manager, Controller, etc. Nicht besser, sondern anders. Ihre Denkweise benannte man »Designer-Denkweise« oder bekannter »Design-Thinking«. Diese spezielle Denkweise ist eine hervorragende Ergänzung und Anreicherung für andere Denkweisen, weil sie bestimmte Eigenschaften hat, die sich im heutigen Trubel von wechselfreudigen Kunden und unvorhersehbaren Marktentwicklungen als nützlich erwiesen haben.
Leichter verständlich wird diese Denkweise, wenn man sie vereinfacht in Form eines Prozesses darstellt, zum Beispiel durch den »Double Diamond«. Beispielhaft werden die wesentlichen Phasen des Design-Thinkings aneinandergereiht, die da lauten: Discover, Define, Develop, Deliver.
»Design-Thinking« wird immer dann eingesetzt, wenn Innovation gefragt ist, wenn komplexe Problem gelöst werden müssen; also täglich im Leben eines Designers und immer häufiger zum Beispiel im Management, wenn sich Märkte rapide verändern und nicht klar ist, wie man darauf reagieren soll.
Design-Thinking ist eine Form der Reflexion, die Unternehmen resilient macht. Man arbeitet interdisziplinär in Teams mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen und beleuchtet die komplexe Aufgabenstellung von allen Seiten. Man vernetzt das Wissen.
Wie läuft dieser Prozess ab?
Discover – Entdecken
Vereinfacht gesprochen beginne ich die Designarbeit, den Design-Thinking-Prozess, mit einem frischen Blick auf das Problem. Ich beobachte die Menschen bei ihren Handlungen, entdecke neue Aspekte und verschaffe mir neue Erkenntnisse indem ich tiefer gehe, der wahren Ursache nachspüre, die die Handlung des Konsumenten (des Nutzers) auslöst. Präzises Beobachten und gezieltes Nachfragen liefert eine Fülle an Informationen, die es nun zu ordnen gilt.
Define – Definieren des tatsächlichen Problems
Was ist das eigentliche Ziel des Nutzers, welches tieferliegendes Problem muss tatsächlich gelöst werden. Meine Absicht ist es die beobachtete und als ungünstig erkannte Situation so zu verbessern, dass sie einem Ideal nahekommt. Was ist also zu tun, frage ich mich, damit das Gewünschte auf einfachste Weise erreicht wird. Was ist relevant und wichtig? Worauf sollen wir zuerst reagieren? Mutig formuliere ich einen Lösungsansatz, ein klares Ziel, einen klaren Auftrag, der die grundlegende Gestaltungsherausforderung umrahmt: X ist es, was der Kunde erledigt haben will, aus diesem Grund kauft oder nutzt er das Produkt (Anmkg.: Ein Produkt ist ein Gegenstand, ein Prozess oder eine Dienstleistung).
Develop – Entwickeln der Verbesserung
Wenn X das Ziel des Kunden ist, wie sehen dann die für den Kunden besseren Lösungswege aus? Wie könnte er einfacher an sein Ziel kommen, was wäre sein Ideal? Das ist das Thema in dieser Phase. Ich erarbeite durch skizzieren, bauen von Modellen, durchspielen von Abläufen eine Variation an Lösungsansätzen, prüfe sie auf Tauglichkeit im Alltag, Herstellung (Gegenstand) bzw. Lieferbarkeit (Dienstleistung), ist der Ansatz nützlich und praktisch, verstehen die Nutzer wie man damit hantiert.
Deliver – Die Lieferung
Die am sinnvollsten erscheinende Lösung mache ich nun greifbar und konkret (»tangible« in der Fachsprache). Die Kunden sollen die Lösung erleben, sollen sie erfahren können. Die Beobachtung des Erfolgs oder Misserfolgs der Handlungen geben dann wieder Hinweise darauf, ob wir ausliefern können oder ob wir modifizieren müssen. Im ersteren Fall wird der Gegenstand oder die Dienstleistung finalisiert und auf den Markt gebracht, im zweiteren wiederholt sich der Prozess im Groben.
Damit wird klar, diese Prozessdarstellung des Double-Diamonds (und der vielen anderen zum Design-Thinking) zeigen auf dem ersten Blick nur die halbe Wahrheit. Sie ist eine Prinzipdarstellung.
Tatsächlich folgen die Gedanken nicht immer diesem (vereinfacht illustriertem) Prozessplan, sondern sie passieren in unterschiedlicher Reihenfolge oder zugleich und ich vernetze sie, stelle Querbezüge her, ordne am Ende und liefere die gewünschte Lösung.
Oft ist die vermeintlich »Lösung« bloß eine erste Annäherung. Im Zuge der Arbeit ergeben sich meist neue Erkenntnisse, neue Verhaltensmuster werden beobachtet und man muss die These des tatsächlich Gewünschten (Define) modifizieren.
Im Alltag ist es so: Ich bekomme eine Aufgabe und beobachte Verhaltensmuster der Nutzer zur gestellten Aufgabe. Das löst Ideen potentieller Lösungen aus. Die werden durch skizzieren und Modelle bauen konkretisiert, wodurch sich neue Facetten des Problems zeigen, die wiederum zu neuen Lösungsansätzen führen. Das läuft so lange, bis die erdachte Lösung, die tatsächlich gesuchte ist. Wenn die gefundene Lösung, keine neuen Facetten des Problems aufdeckt. Dann verlässt man diesen Kreislauf und liefert das Ergebnis ab.
Durch Design-Thinking (also reflexives Beobachten, Thesen aufstellen, Problem lösen und Ergebnis testen) gelingt es immer neue und zunächst unbedachte Ansätze zu finden, auf denen man danach, sehr stringent und klassisch, Projekte aufsetzen kann und diese gemäß Projektplan abarbeitet.
Mit Design-Thinking eröffnen sich neue Lösungsräume. Der Manager und das multidisziplinäre Team muss nur gewillt sein, sich zuvor in das Chaos unterschiedlicher Gedanken und Lösungsansätze zu werfen, eine momentane Verwirrung zuzulassen und sehen, was die Vernetzung der auftauchenden Fakten aus den unterschiedlichsten Bereichen ergeben. Wenn dann die passenden Fäden aufgenommen und zu einer Lösung gewebt werden, indem diese Lösung laufend mit echten Nutzer getestet und überprüft werden, dann steht am Ende: Das Neue.
Schauen Sie auch gerne für mehr Informationen auf die Homepage des Autors: https://designthinkingtank.at/